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Diese Entscheidung

Umwidmung eines nach nassauischem Güterkonsolidationsrecht gewidmeten Gewannenweges

VG Koblenz, Urteil vom 06.12.2010 - Az.: 4 K 149/10.KO

Leitsätze:
1. Ein Weg, der in einem Konsolidierungsverfahren unter Geltung der nassauischen Verordnung über die Güterkonsolidation vom 12.9.1829 (VOBl des Herzogthums Nassau S. 65) als Feld- oder Gewannenweg gewidmet wurde, kann nach § 156 S. 3 FlurBG i.V.m. § 12 des Preußischen Gesetzes über die Beschleunigung der Umlegung vom 3.3.1935 (GS S. 143) nur mit Genehmigung der Flurbereinigungsbehörde eingezogen oder einem anderen als einem landwirtschaftlichen Zweck zugeführt werden. (Leitsatz des Herausgebers)

2. Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag in dem sich eine Gemeinde zur Einziehung oder Umwidmung eines solchen Weges verpflichtet, ist jedenfalls dann unwirksam, wenn eine Genehmigung der Flurbereinigungsbehörde nicht erteilt wird. (Leitsatz des Herausgebers)

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Volltext

Tenor

In dem Verwaltungsrechtsstreit

der Ortsgemeinde Eitelborn, vertreten durch den Bürgermeister der Verbands-gemeinde Montabaur, Konrad-Adenauer-Platz 8, 56410 Montabaur,

- Klägerin -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Martini, Mogg, Vogt, Ferdinand-Sauerbruch-Straße 26, 56073 Koblenz,

gegen

die ... GmbH,

- Beklagte -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Klinge - Hess, Rheinstraße 2a, 56068 Koblenz,

wegen Straßen- und Wegerechts

hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 6. Dezember 2010, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Dr. Bayer Richter am Verwaltungsgericht Porz Richter am Verwaltungsgericht Hübler ehrenamtlicher Richter selbständiger Landwirt Sehn ehrenamtliche Richterin Bankkauffrau Stern

für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von der Beklagten einen Vorschuss zur Beseitigung von Sachmängeln aus einem nach ihrer Auffassung schlecht erfüllten Vertrag, den sie dem öffentlichen Recht zuordnet.

Die Beklagte ist eine juristische Person des Privatrechts und seit dem 20. November 2008 Rechtsnachfolgerin der Firma E. Wohnbau GmbH. Die Rechtsvorgängerin war Eigentümerin der beiden unbebauten "Handtuchgrund­stücke" in Flur 9, Parzellen 21 und 22. Diese Grundstücke, die inzwischen ver­einigt, in sechs Baugrundstücke aufgeteilt und teilweise bebaut sind, lagen zwischen der R.-Straße und der am Ortsrand verlaufenden Wegeparzelle 218/5. Die Wegeparzelle führt vom H.-Weg im Süden bis zur Straße H. im Norden. Danach setzt sich der Weg auf der Parzelle 215 bis zur Straße W. im Norden fort.

Es besteht weder ein Bebauungsplan noch eine Wegebenutzungssatzung.

Die Klägerin gehörte früher zum Unterwesterwaldkreis, der zum Regierungsbezirk Wiesbaden der preußischen Provinz Hessen-Nassau gehörte. Es existiert noch eine Akte über einzelne Grundstücke, die der Gemeinde Eitelborn bei einer Konsolidation im Jahre 1908 zugemessen wurden. Die zugemessenen Grund­stücke als solche spielen im vorliegenden Verfahren keine Rolle. Wichtig ist je­doch, dass die Akte sowohl "die Bezeichnung der Grundstücke nach dem Lager­buch bzw. dem künftigen Kataster“ (z.B. Blatt 9, Nr. 29) als auch die „Bezeichnung der konsolidierten Grundstücke nach der Konsolidationskarte" enthält (z.B. Blatt 9, Nr. 1707). Ferner existiert speziell zur Flur 9 noch die Flurkarte vom 30. Juli 1908 (Blatt 9) mit folgendem Vermerk:

"Ausgefertigt im geodätisch-technischen Bureau der Königlichen General­kommission zu Cassel im Jahre 1908 durch den Zeichner Hildebrand mittels Kartierung der von den Landmessern Baldus III und Lichtenstein in den Jahren 1904, 1905 und 1907 bewirkten Wege- und Planaufmessung."

Die Flurkarte zeigt einen vollständig unbebauten Bereich, der - wie bei einer heuti­gen Flurbereinigung – künstlich geschaffene, parallel liegende Grundstücke ent­hält. Die Grundstücke tragen jeweils sowohl die damals neue Katasternummer als auch – in Klammern - die alte Konsolidierungsnummer (z.B. 29 (1707)). Die Grundstücksblöcke werden von mehreren, im Wesentlichen geradlinig verlaufen­den Wegen durchzogen. Unter anderem sind die Wegeparzellen 218 und 215 mit einer Breite von 3,00 m eingezeichnet. Die heutigen Straßen W., H., H.-Weg und die R.-Straße sind als Wege mit Breiten von 3,00 m bzw. 5,00 m eingezeichnet.

Ausweislich einer Mitteilung des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum in Montabaur vom 2. Juli 2010 gab es in der Gemeinde Eitelborn sowohl im Jahre 1872 als auch in den Jahren 1905 – 1907 Bodenordnungsverfahren.

Am 29. November 2000 erteilte der Gemeinderat das Einvernehmen zur Errichtung von drei Doppelhäusern auf den Grundstücken Nr. 21 und 22 in Flur 9 zugunsten der Firma E. Wohnbau GmbH. Gleichzeitig wurde der Ortsbürger­meister ermächtigt, "einen entsprechenden Erschließungsvertrag" mit dem Bau­träger abzuschließen.

Am 13. März 2001 schlossen die Klägerin, die Verbandsgemeinde Montabaur und die Rechtsvorgängerin der Beklagten einen als „öffentlich-rechtlich“ bezeichneten Vertrag. In der Vorbemerkung heißt es unter anderem:

"Der Bauherr ist Eigentümer der Grundstücke Flur 9, Flurstück Nr. 21 (1.062 qm) und Nr. 22 (1.062 qm) in der Gemarkung Eitelborn. Er beab­sichtigt, die v.g. Grundstücke mit 3 Doppelhäusern zu bebauen.

Um eine bedarfsgerechte straßenmäßige Anbindung zu gewährleisten, soll die zur Bebauung anstehende Fläche zur R.-Straße hin geschlossen und der Fahrzeugverkehr über den in der Verlängerung des F.-Weg vorhandenen Wirtschaftsweg (Flurstück 218/5) geführt werden."

In Teil A des Vertrags (Regelungen zur Straßenerschließung) übernahm die Rechtsvorgängerin der Beklagten folgende Verpflichtungen:

"§ 1 Abs. 1: Der Bauherr übernimmt zur straßenmäßigen Anbindung der Flurstücke 21 und 22 auf seine Kosten die Arbeiten der bituminösen Befes­tigung eines Teilstücks des Wirtschaftsweges 218/5 von der südlichen Grenze der Parzelle 19/7 bis zur südlichen Grundstücksgrenze der Parzelle 23/6.

§ 1 Abs. 2: Das Wegestück ist mit frostsicherem Unterbau bituminös nach den Vorgaben der Ortsgemeinde bzw. in deren Auftrag der Verbands­gemeindeverwaltung Montabaur (Fachbereich 8) in Parzellenbreite auszu­bauen.

§ 1 Abs. 3: Die Fertigstellung hat bis spätestens zum Abschluss der Bau­maßnahmen auf den Flurstücken 21 und 22 zu erfolgen.

§ 1 Abs. 6: Für den Fall der späteren Erschließung des Wegeflurstückes 218/5 durch die Ortsgemeinde Eitelborn ergeben sich für den Bauherrn bzw. die nachfolgenden Grundstückseigentümer keine Ansprüche auf Minderung der Erschließungsbeiträge aufgrund von selbst hergestellten und finanzierten Straßen- oder Wegeflächen.

§ 1 Abs. 8: Die wegemäßige Erschließung über das Flurstück 22 erfolgt durch den Bauherrn auf dessen Kosten. Diese Wegefläche verbleibt in seinem Eigentum. Er übernimmt hierfür die Unterhaltungs- und Verkehrs­sicherungspflicht.

§ 3 Abs. 1: Der Bauherr übernimmt für die von ihm hergestellte bituminöse Befestigung des Teilstücks des Wegeflurstücks 218/5 die Gewährleistungs­pflicht nach § 633 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Der Bauherr hat dafür Sorge zu tragen, dass das vg. Wegestück zum Zeitpunkt der Abnahme durch die Ortsgemeinde Eitelborn den anerkannten Regeln der Technik und Baukunst entspricht und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Zweck aufheben oder mindern.

§ 3 Abs. 2: Die Gewährleistungszeit beträgt gem. § 638 Absatz 1 BGB 5 Jahre, sie beginnt mit der mangelfreien Abnahme durch die Ortsgemeinde Eitelborn.

§ 3 Abs. 3: Der Bauherr zeigt der Ortgemeinde Eitelborn die Fertigstellung des Wegestücks an. Die Ortsgemeinde setzt innerhalb von 4 Wochen nach Eingang der Anzeige einen Abnahmetermin fest…

§ 3 Abs. 4: Sofern bei der Abnahme Mängel festgestellt werden, muss der Bauherr diese innerhalb von 6 Wochen nach der Abnahme auf seine Kosten beseitigen. Im Falle des Verzuges ist die Ortsgemeinde Eitelborn berechtigt, die Mängel auf Kosten des Bauherrn beseitigen zu lassen (sog. Ersatzvornahme)."

Im Teil B des Vertrags (Regelungen zur Erschließung mit Wasser- und Kanal­leitungen) heißt es unter anderem:

"§ 1 Abs. 1: Der Bauherr übernimmt die Erschließung mit Wasser – und Kanalleitungen innerhalb der Flurstücke 21 und 22 auf seine Kosten ...

§ 1 Abs. 2: Das Schmutz- und Niederschlagswasser wird entsprechend dem Entwässerungskonzept des Architekturbüros S., Eitelborn Anlage 1 und 2 über das Flurstück 22 abgeführt und in den Straßensammler in der R.-Straße eingeleitet.“

In der Folgezeit führte die Rechtsvorgängerin der Beklagten auf dem Wegestück Bauarbeiten durch. Eine Abnahme ist bisher nicht erfolgt.

Ein von der Verbandsgemeinde Montabaur in Auftrag gegebenes Gutachten vom 31. August 2006 kam zu folgenden Ergebnissen: Der Wirtschaftsweg sei als Anliegerstraße bzw. als Wohnweg in die Bauklasse V / VI der RStO einzuordnen. Ein frostsicherer Unterbau sei nicht nachgewiesen, die eingebaute Tragdeck­schicht weise an der Oberfläche zu große Unebenheiten auf, die Dicke der Trag­schicht sei unbekannt und das Niederschlagswasser werde unkontrolliert auf die Parzelle 22 bzw. auf den "unterliegenden" Teil des Wirtschaftsweges abgeleitet.

Die Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 22. Juli 2009 auf, das Wegestück bis zum 31. Oktober 2009 vertragsgemäß herzustellen.

Am 10. Februar 2010 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie trägt vor, die Rechts­vorgängerin der Beklagten habe sich vertraglich verpflichtet, eine bestimmte Teil­strecke des Wirtschaftsweges 218/5 in bestimmter Art und Weise herzustellen. Dieser Verpflichtung sei sie nicht vollständig nachgekommen. Insoweit verweist die Klägerin auf das oben genannte Gutachten. Hieraus ergebe sich insbeson­dere, dass der frostsichere Unterbau nicht vorhanden sei. Die Beklagte habe am 02.06.2008 gegenüber dem Ortsbürgermeister erklärt, dass sie ihre Vertrags­pflichten als erfüllt betrachte und nichts weiter unternehmen werde. Sie habe auch die ihr gesetzte Frist zur Nachbesserung verstreichen lassen. Deshalb sei die Klägerin nach § 3 Abs. 4 des Vertrags zur Ersatzvornahme berechtigt und hierfür könne sie gemäß § 62 Satz 2 VwVfG in Verbindung mit § 633 Abs. 3 BGB a.F. bzw. § 637 Abs. 3 BGB n.F. einen Kostenvorschuss verlangen. Es sei anerkannt, dass Gewährleistungsansprüche auch vor Fertigstellung des Werkes geltend ge­macht werden dürften, wenn der Schuldner die Vertragserfüllung und/oder die Mängelbeseitigung - wie hier - ernsthaft und endgültig verweigere. Hilfsweise werde der Anspruch auf §§ 280, 281 BGB n.F. gestützt. Die Kosten würden auf 27.500 EUR geschätzt.

Nachdem das Gericht auf das besondere Rechtsregime für Wirtschaftswege hin­gewiesen und Zweifel an der Wirksamkeit des Vertrags geäußert hat, trägt die Klägerin erstmals vor, es handele sich nicht um einen in der Flurbereinigung ent­standenen Wirtschaftsweg. Deshalb sei § 58 Abs. 4 FlurbG nicht anwendbar. Ein etwaiger Verstoß gegen außer Kraft getretene alte Rechtsvorschriften könne heute kein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB begründen. Außerdem gebe es keine Personen mehr, die an dem ursprünglichen Bodenordnungs­verfahren teilgenommen hätten. Im Übrigen sei die landwirtschaftliche Zweck­bestimmung des Weges durch die Zustimmung des Gemeinderats zu dem Vertragswerk wirksam abgeändert worden. Selbst wenn § 58 Abs. 4 FlurbG an­wendbar wäre, sei eine förmliche Satzung nur erforderlich, wenn es um die anderweitige Benutzung des Weges gehe und nicht um dessen Herstellung als Erschließungsweg. Die bituminöse Befestigung sei für die Landwirte nur vorteil­haft. Schließlich könne sich die Beklagte nicht auf eine etwaige Nichtigkeit des Vertrags berufen, denn sie benötige den Weg für ihre Bauvorhaben.

Die Klägerin beantragt,

1) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 27.500 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche über 27.500 € hinausgehenden Aufwendungen und Schäden zu er­setzen, die durch eine mangelfreie Herstellung einer bituminösen Befes­tigung des Wirtschaftsweges, Gemarkung Eitelborn, Flur 9, Parzelle 218/5 - F.-Weg (Teilstück von der südlichen Grenze der Parzelle 19/7 bis zur südlichen Grundstücksgrenze der Parzelle 23/6), mit einem den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechenden Unter­bau und einer den allgemein anerkannten Regeln der Technik ent­sprechenden Fahrbahnentwässerung in Parzellenbreite entstehen,

3) hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte zur Herstellung einer bituminö­sen Befestigung des Wirtschaftsweges, Gemarkung Eitelborn, Flur 9, Parzelle 218/5 - F.-Weg (Teilstück von der südlichen Grenze der Parzelle 19/7 bis zur südlichen Grundstücksgrenze der Parzelle 23/6), mit einem den allgemein anerkannten Regeln der Technik ent­sprechenden Unterbau und einer den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechenden Fahrbahnentwässerung in Parzellenbreite ver­pflichtet ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, der Vertrag verstoße gegen ein gesetzliches Verbot. Die Zweck­bestimmung eines Wirtschaftsweges könne gemäß § 58 Abs. 4 FlurbG nur durch eine - hier nicht vorliegende - Satzung geändert werden. Bei dem frag­lichen Weg handele es sich um einen für landwirtschaftliche Zwecke geschaf­fenen Weg aus einem altrechtlichen Bodenordnungsverfahren. Dies ergebe sich aus den vorgelegten Unterlagen aus preußischer Zeit.

Auch wenn der Vertrag wirksam wäre, könnten die Klageanträge darauf nicht gestützt werden. Die Beteiligten seien davon ausgegangen, dass die Beklagte nur ein Provisorium in Form einer bituminösen Befestigung herstellen müsse, die dem damals vorhandenen Zustand in der Verlängerung des Weges ent­sprechen sollte. Dies ergebe sich auch aus dem Hinweis auf die künftige Erschließung durch die Klägerin in § 1 Abs. 6 des Vertrags. Von allgemein an­erkannten Regeln der Technik sei keine Rede gewesen. Erst recht enthalte der Vertrag keine Verpflichtung zur Herstellung einer Oberflächenentwässerung. Das Gutachten sei deshalb zu Unrecht von der Bauklasse V / VI ausgegangen. Nach der Erinnerung des Geschäftsführers der Beklagten sei die Wegeparzelle in dem fraglichen Teilstück von der beauftragten Fachfirma 40 bis 50 cm aus­gekoffert und mit frostsicherem Unterbau hergestellt worden. Die Beklagte habe ihre Verpflichtungen erfüllt. Deshalb sei der Anspruch verjährt. Zumindest sei er noch nicht fällig, weil bisher noch keine drei Doppelhäuser verwirklicht worden seien. Im Übrigen habe das OVG Rheinland-Pfalz im Beschluss vom 1. Juli 2010 festgestellt, dass es sich gerade nicht um einen Werkvertrag handele. Die Kostenschätzung und die Zinshöhe seien nicht belegt. Der Fest­stellungsantrag sei unzulässig.

Das Gericht hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 20. Mai 2010 an das Land­gericht Koblenz verwiesen, weil es sich in Wahrheit um eine zivilrechtliche Streitigkeit aus einem Werkvertrag handele. Das OVG Rheinland-Pfalz hat die Verweisung mit Beschluss vom 1. Juli 2010 - 1 E 10718/10.OVG - aufge­hoben, weil es sich nicht um einen Werkvertrag sondern um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag handele.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift und die beigezogenen Konsolidierungsunterlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist insgesamt abzuweisen. Die Klägerin kann keinen Zahlungsanspruch geltend machen, denn der zugrunde liegende Vertrag ist nichtig (1). Selbst wenn er wirksam wäre, stehen der Klägerin weder Gewährleistungsansprüche noch Erfüllungs- oder Schadensersatzansprüche zu (2). Der Feststellungsantrag und der Hilfsantrag haben ebenfalls keinen Erfolg (3).

1) Der vom OVG Rheinland-Pfalz - für die Beteiligten und das Gericht bindend - als öffentlich-rechtlich eingestufte Vertrag vom 13. März 2001 ist nichtig. Er ver­stößt gegen ein gesetzliches Verbot (§ 62 VwVfG, § 134 BGB). Eine Gemeinde ist nicht befugt, einen in einem Bodenordnungsverfahren entstandenen Wirtschafts- oder Flurbereinigungsweg durch bloßen Vertrag einem anderem als einem land­wirtschaftlichen Zweck zuzuführen.

Es ist anerkannt, dass ein gesetzliches Verbot auch dann vorliegen kann, wenn es sich aus dem jeweiligen Gesetzeszusammenhang ergibt, ohne dass das Ver­bot im Gesetz ausdrücklich ausgesprochen wird (Palandt, BGB, 69. Aufl., § 134 Rdn. 2). In allen Flurbereinigungs-, Umlegungs- und sonstigen Bodenordnungs­verfahren ist vorgesehen, dass die dort geschaffenen Wirtschafts-, Feld- oder Gewannenwege nur zum landwirtschaftlichen Verkehr bestimmt sind, und dass eine Änderung der Zweckbestimmung, wenn überhaupt, nur in bestimmten Ver­fahren und unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist (vgl. heute § 58 Abs. 4 FlurbG). Die Privilegierung der landwirtschaftlichen Nutzung beruht darauf, dass die Landwirte bzw. deren Rechtsvorgänger entschädigungslos zur Landabgabe für den Wege­bau herangezogen worden sind. Daraus folgt ein unausgesprochenes Verbot für eine Änderung der Zweckbestimmung außerhalb der jeweils anzuwendenden Rechtsvorschriften, bzw. ohne einen gültigen Bebauungsplan. Eine Änderung der Zweckbestimmung liegt vor, wenn ein landwirtschaftlicher Weg als befestigte Zufahrt zu einer Wohnbe­bauung genutzt werden soll, denn dann dient er nicht mehr ausschließlich land­wirtschaftlichen Zwecken.

Ein Vertrag, der gegen dieses Verbot verstößt, ist nichtig. Dies gilt im öffentlichen Recht ungeachtet des Umstands, dass zweiseitige Rechtsgeschäfte im Zivilrecht in der Regel gültig bleiben (vgl. Palandt, a.a.O., § 134 Rdn. 9). Nach § 62 Satz 2 VwVfG gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches nur "ent­sprechend", d.h. soweit sie mit dem öffentlichen Recht vereinbar sind. Im öffent­lichen Recht gilt gemäß Art 20 Abs. 3 GG der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Deshalb hat das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 26. März 2003 - 9 C 4.02 - folgenden Leitsatz aufgestellt:

"Ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag nichtig, weil die darin vereinbarte Leistung des Bürgers gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, handelt der Bürger, wenn er sich gegenüber dem Zahlungsanspruch der Behörde hierauf beruft, nicht allein deshalb rechtsmissbräuchlich, weil der Vertrag auf seinen Wunsch abgeschlossen wurde und die Behörde die Leistung be­reits erbracht hat."

Die Kammer hat keine Bedenken, diese Rechtsprechung auch auf den Fall anzu­wenden, in denen sich der Bürger bzw. eine juristische Person des Privatrechts in einem Vertrag zu einer Leistung gegenüber der Behörde verpflichtet hat.

Im vorliegenden Fall ergibt sich der Verstoß gegen das gesetzliche Verbot aus Folgendem:

Der Weg Nr. 218 entstand entweder in dem Konsolidierungsverfahren der Jahre 1905 - 1908 oder des Jahres 1872. Die Unterlagen sind nur noch bruchstückhaft erhalten. In der Karte vom 30. Juli 1908 ist der fragliche Weg zusammen mit anderen Wegen bereits eingezeichnet; außerdem enthält die Karte den Vermerk, dass die Wege in den Jahren 1904, 1905 und 1907 "aufgemessen" wurden. In der einzigen noch vorhandenen Akte von 1908 werden der Gemeinde Eitelborn in der Flur 9 nur bestimmte Grundstücke, jedoch nicht die Wege als solche "zuge­messen". Diese Umstände könnten dafür sprechen, dass die Wege damals schon vorhanden waren. Zwingend ist diese Schlussfolgerung jedoch nicht, denn wegen der Unvollständigkeit der Akten ist es theoretisch denkbar, dass die Wege in den Jahren 1904, 1905 und 1907 zu- und aufgemessen wurden, so dass sie am 30. Juli 1908 nicht mehr eigens erwähnt wurden. Sollten die Wege aber schon vor 1904 vorhanden gewesen sein, dann wäre der Entstehungszeitpunkt auf das Jahr 1872 zu verlegen. Denn nach Mitteilung des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum gab es zu jenem Zeitpunkt ebenfalls ein Konsolidierungsverfahren in Eitelborn. Andere altrechtliche Verfahren sind nicht bekannt geworden.

Der Klägerin ist zuzugeben, dass das gesetzliche Verbot vorliegend nicht aus § 58 Abs. 4 FlurbG folgen kann. Denn das Flurbereinigungsgesetz ist nicht auf die Zeit vor seinem ersten Inkrafttreten am 1. Januar 1954 anzuwenden (BVerwG, Urteil vom 26.08.1976 - V C 41.75 -). Stattdessen bestimmt § 156 Satz 3 FlurbG (alte und neue Fassung), dass die Rechtswirksamkeit von Anordnungen, Festsetzun­gen und Entscheidungen der Behörden und Spruchstellen aus der Zeit vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes nach dem bisherigen Recht zu beurteilen ist. Daraus hat das BVerwG (a.a.O) folgende Schlussfolgerung gezogen:

"Es ist deshalb altes Recht für die Prüfung der Frage heranzuziehen, ob ein Um­legungsplan rechtswirksam erlassen worden ist, und auch dafür, welche recht­lichen Wirkungen er hat. Hieran wollte das Flurbereinigungsgesetz nichts ändern. Mit den Rechtswirkungen im Zusammenhang stehend muß aber auch die spätere Änderungsmöglichkeit früher erlassener Fest­setzungen gesehen werden, denn sie wird maßgebend davon bestimmt, welche rechtliche Qualität das alte Recht solchen Festsetzungen beige­messen hat. Das nunmehr geltende Recht gibt mangels ausdrücklich an­geordneter Rückwirkung für eine Beantwortung dieser Frage nichts her (vgl. hierzu Urteil vom 12. Dezember 1957 - BVerwG 1 C 103.56 -). Gerade des­halb führt der in § 156 Satz 3 FlurbG sich niederschlagende Rechts­gedanke zu dem Ergebnis, daß nach Inkrafttreten des Flurbereinigungs­gesetzes auch für die Änderung der früheren Umlegungspläne das frühere Umlegungsrecht maßgebend bleibt." [Unterstreichung durch die Kammer]

Das Entscheidende an diesem Urteil ist, dass die Frage der Abänderbarkeit alt­rechtlicher Bodenordnungsmaßnahmen nach altem Recht zu beurteilen ist. Dieser Auffassung hat sich das OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 01.04.2004 - 1 C 10464/03.OVG -) ausdrücklich angeschlossen. Deshalb ist zunächst zu klären, welches alte Recht anwendbar ist.

Die vor dem Flurbereinigungsgesetz geltende Reichsumlegungsordnung vom 16. Juni 1937 (RGBl I S. 629) bestimmte in § 156 Satz 4, dass jenes Gesetz auf an­hängige Verfahren nicht anwendbar ist. Daraus folgt, dass es auf bereits been­dete Verfahren erst recht nicht anzuwenden war.

Neben und vor der Reichsumlegungsordnung galt in Eitelborn preußisches Recht, denn das Amt Montabaur gehörte zur preußischen Provinz Hessen-Nassau (vgl. § 1 des Gesetzes vom 20.09.1866 - GS S. 555 -; Erlass vom 07.12.1868 - GS S. 1056 -). Das preußische Bodenordnungsrecht wurde in Rheinland-Pfalz nicht durch Landesrecht abgelöst. Deshalb galt § 12 des preußischen Gesetzes über die Beschleunigung der Umlegung vom 3. Dezember 1935 - GS S. 143 - fort (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 01.04.2004 - 1 C 10464/03.OVG -). Diese Vor­schrift bestimmte, dass nur die Landeskulturbehörde einen Auseinandersetzungsplan ändern kann, und dies auch nur dann, wenn ein überwiegendes wirtschaftliches Bedürfnis der Beteiligten oder allgemeine Rücksichten die Ände­rung oder Ergän­zung der gemeinschaftlichen Anlagen erfordern. In dem zitierten Urteil des OVG Rheinland-Pfalz heißt es hierzu folgerichtig:

"Eine Abänderung durch die Kommune mittels eines Bebauungsplans ist hingegen in diesem Gesetz nicht vorgesehen. Der Auffassung der Antragsgegnerin, § 12 könne verfassungskonform nur so ausgelegt werden, dass heute unter Berück­sichtigung der kommunalen Planungshoheit die Kommune zur Einziehung be­rechtigt sein müsse, vermag der Senat nicht zu folgen. Die Antragsgegnerin ver­kennt dabei, dass auch nach der heuti­gen Rechtslage der Kommune nicht das Recht zur Einziehung jeglicher Straßen, insbesondere nicht das Recht zur Änderung bestimmter qualifi­zierter Straßen (s. FStrG und LStrG) zusteht und zu­dem noch eine Behörde vorhanden ist, die der im preußischen Gesetz angesprochenen Landes­kulturverwaltung entspricht."

Landeskulturbehörde war in Rheinland-Pfalz zunächst das Kulturamt als Flurbereinigungsbehörde; seit der Änderung des AGFlurbG vom 16. Oktober 2003 (GVBl S. 293) ist das Dienstleistungs­zentrum Ländlicher Raum zuständige Flurbereinigungsbehörde. Daraus folgt, dass selbst eine Überplanung des Weges durch einen Bebauungsplan nur mit Zustimmung der Flurbereinigungsbehörde möglich gewesen wäre. Erst recht folgt daraus, dass die Beteiligten des vorliegen­den Rechtsstreits die Zweckbestimmung des Wirtschaftsweges nicht durch bloßen Vertrag ändern konnten, wenn es sich dabei um einen Weg handelte, für den ein Auseinandersetzungsplan bestand. Letzteres war hier der Fall.

Ein "Auseinandersetzungsplan" im Sinne des späteren § 12 des Gesetzes zur Beschleunigung der Umlegung wurde in dem Konsolidationsverfahren von 1872 bzw. 1905/08 geschaffen. Das ergibt sich aus Folgendem: In der Provinz Hessen-Nassau wurde zwar speziell für den Regierungsbezirk Wiesbaden die preußische Gemeinheitstheilungs-Ordnung vom 5. April 1869 (GS S. 526) ein­geführt. Diese war jedoch im vorliegenden Zusammenhang nicht einschlägig, denn sie betraf nur die Ablösung von Dienstbarkeiten und die Teilung von Grund­stücken, die von mehreren Miteigentümern ungeteilt besessen und gemeinsam als Weide, Gras­schnitt, Waldmast, Holz- oder Streunutzung, Plaggen-, Rasen- und Bültenhieb sowie zur Torfgewinnung genutzt wurden. Stattdessen wurde bereits in § 1 der Verordnung über die Güterkonsolidation im Regierungsbezirk Wiesbaden vom 2. September 1867 (GS S. 1462) das nassauische Konsolidationsrecht aufrecht er­halten und auch in den übrigen Teilen des Regierungsbezirks eingeführt. Das nassauische Recht hatte in der Verordnung über die Güterkonsolidation vom 12. September 1829 (Verordnungsblatt des Herzogthums Nassau, 1829, S. 65) sowie in den dazu ergangen vier Instruktionen ein eigenständiges Boden­ordnungsrecht geschaffen. Speziell die erste Instruktion vom 2. Januar 1830 (Verordnungsblatt des Herzogthums Nassau, 1830, S. 22) enthielt Vorschriften über die Anlegung von Feld- und Gewannenwegen. § 19 Abs. 1 regelte, dass die Gewannenwege mit einer Breite von umgerechnet 2,50 m entschädigungslos zur Verfügung gestellt werden mussten. Als Ausgleich dafür durften diese Wege gemäß § 19 Abs. 2 nur zu Feldarbeiten und nicht zu anderen Zwecken benutzt werden. Auch die Feld­wege, die eine Breite von mindestens 5,00 m haben mussten, dienten gemäß § 19 Abs. 3 nur dazu, um frei und ungehindert zu den Gewannen zu kommen. Damit steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das nassauisch-preußische Recht die Feld- und Gewannenwege ausschließlich zur landwirtschaftlichen Nutzung vorsah.

Der Weg Nr. 218 war ein Gewannenweg im Sinne des § 19 Abs. 1 der ersten Instruktion vom 2. Januar 1830. Ein Gewann ist ein zusammenhängender Block von mehreren landwirtschaftlichen Grundstücken (vgl. § 17 Abs. 1). Der Weg Nr. 218 führte an mehreren Gewannen entlang, hatte - wie die übrigen Wege auch - einen geradlinigen Verlauf (vgl. § 16 Abs. 1) und verfügte über die vorgeschrie­bene Mindestbreite von 2,50 m (vgl. § 19 Abs. 1), denn er war sogar 3,00 m breit. Seine Existenz wird durch die amtliche Karte vom 30. Juli 1908 hinreichend be­wiesen.

Aus alledem folgt, dass ein "Auseinandersetzungsplan" im Sinne des späteren § 12 des preußischen Gesetzes zur Beschleunigung der Umlegung vorlag. Ob dieser "Auseinandersetzungsplan" die Rechtsnatur einer Satzung hatte, die ge­gebenenfalls obsolet werden konnte, ist dem Gericht nicht bekannt. In § 19 der preußischen Umlegungsordnung vom 21. September 1920 (GS S. 453) war ledig­lich be­stimmt, dass die Rechtswirkungen der Umlegung mit der Ausführung des Auseinandersetzungsplans bzw. mit dessen Vollstreckbarkeitserklärung eintreten. Selbst wenn man jedoch zugunsten der Klägerin unterstellt, dass ein Auseinandersetzungsplan die Rechtsnatur einer Satzung hatte und dass er durch die Änderung der tatsächlichen Umstände ganz oder teilweise gegenstandslos werden konnte, wäre der Auseinandersetzungsplan allenfalls westlich der Wege­parzelle 218 durch die in die Flur 9 hinein wachsende Bebauung der Orts­gemeinde Eitelborn obsolet geworden (falls für jenen Ortsteil nicht sogar ein Bebauungsplan mit Zustimmung der Flurbereinigungsbehörde existiert). Östlich des Weges gibt es aber bis heute noch landwirt­schaftliche Grundstücke, so dass der Weg als solcher noch landwirtschaftlichen Zwecken zu dienen bestimmt war, als die Änderung der Zweckbestimmung ver­traglich eingeführt werden sollte. Des­halb war die Klägerin nicht befugt, mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten einen Teil dieses Weges als Zufahrt für Wohn­grundstücke herrichten zu lassen, zumal diese Nutzungsänderung nur im Interesse der Vertragsparteien und nicht im Interesse der Allgemeinheit lag. Der Vertrag verstößt daher gegen ein gesetz­liches Verbot und ist deshalb nichtig.

Etwas anderes würde auch dann nicht folgen, wenn man annehmen würde, dass die Gemeinde zumindest mit Zustimmung der Flurbereinigungsbehörde eine Änderung der Zweckbestimmung durch bloßen Vertrag herbeiführen könnte. Ab­gesehen davon, dass diese Zustimmung nicht erteilt wurde, würde aus § 58 Abs. 2 VwVfG in Verbindung mit § 1 LVwVfG ein weiterer Nichtigkeitsgrund folgen. Denn nach dieser Vorschrift ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag, der in Rechte Dritter (hier der Landwirte) eingreift, so lange schwebend unwirksam, bis die andere Behörde ihre Zustimmung bzw. ihr Ein­verständnis erteilt hat. Aus einem schwe­bend unwirksamen Vertrag können Ansprüche ebenso wenig eingeklagt werden wie aus einem endgültig unwirk­samen Vertrag.

2) Selbst wenn der Vertrag wirksam wäre, hätte der Hauptantrag keinen Erfolg. Da der Vertrag vor dem 1. Januar 2002 geschlossen wurde, sind gemäß § 62 Satz 2 VwVfG in Verbindung mit Art. 229 § 5 EGBGB die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der bis dahin geltenden Fassung anzuwenden.

Nach der alten Fassung wurde zwischen Erfüllungsansprüchen bis zur Abnahme und Gewährleistungsansprüchen nach der Abnahme unterschieden. § 633 Abs. 2 BGB a.F. enthielt einen besonderen Mängelbeseitigungsanspruch, der als modifi­zierter Erfüllungsanspruch angesehen wurde. Hiernach konnte der Besteller die Beseitigung eines Mangels verlangen, der den Wert oder die Tauglichkeit des Werks zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch aufhob oder minderte. Der Mängelbeseitigungsanspruch konnte nach Fälligkeit der Werkleistung und vor deren Abnahme geltend gemacht werden (Palandt, BGB, 61. Aufl. Vorb v § 633 Rdn 4). Wenn der Unternehmer mit der Beseitigung des Mangels in Verzug war, weil er ihn nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist behoben hat, oder wenn er die Beseitigung end­gültig abgelehnt hat (Palandt, a.a.O., § 633 Rdn 8), konnte der Besteller gemäß § 633 Abs. 3 BGB a.F. den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen. Insoweit hatte die Rechtsprechung dem Besteller auch einen Anspruch auf Vorschuss eingeräumt (Palandt, a.a.O., § 633 Rdn 9).

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Dabei kann dahin stehen, ob das ge­schuldete Werk im Zeitpunkt der Beseitigungsaufforderung vom 22. Juli 2009 schon fällig war (vgl. dazu § 1 Abs. 3 des Vertrags) und ob die vorher erklärte Weigerung der Beklagten vom 2. Juni 2008 die gegebenenfalls fehlende Fälligkeit ersetzen konnte. Denn entscheidend ist, dass die Klägerin die behaupteten Mängel nicht substantiiert dargelegt hat. Zwar musste auch nach dem noch anzu­wendenden alten Recht grundsätzlich der Unternehmer die Mängelfreiheit be­weisen; allerdings traf den Besteller die Darlegungslast. Wenn er den Mangel bzw. die Unvollständigkeit des Werks - wie hier - vor Abnahme des Werks geltend machte, musste er zumindest hinreichend genau die Mangelsymptome bezeich­nen (Palandt, a.a.O., § 633 Rdn 10). Daran fehlt es vorliegend, so dass die Zahlungsklage bei unterstellter Wirksamkeit des Vertrags unschlüssig ist.

Die Behauptung der Klägerin, die Beklagte habe keinen frostsicheren Unterbau eingebaut, beruht nicht auf eigener Kenntnis, sondern auf einer bloßen Interpre­tation des Gutachtens. Das Gutachten kommt jedoch lediglich zu dem Ergebnis, dass die Beklagte den frostsicheren Unterbau nicht nachgewiesen habe. Der feh­lende Nachweis eines Unterbaus ist aber nicht identisch mit einem tatsächlich fehlenden Unterbau. Die Klägerin hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass eine diesbezügliche Nachweispflicht vereinbart war. Der Vertragstext enthält hierzu nichts. § 1 Abs. 2 des Vertrags bestimmt nur, dass der Weg nach den Vorgaben der Ortsgemeinde bzw. der Verbandsgemeinde auszubauen ist. Die Klägerin hat nicht einmal behauptet, dass es solche Vorgaben gab und dass die Beklagte davon abgewichen ist. Wenn die Klägerin ferner meint, die Nachweispflicht ergebe sich indirekt aus § 3 Abs. 1 des Vertrags, wonach die Beklagte dafür Sorge zu tragen hat, dass das Wegestück den anerkannten Regeln der Technik und Bau­kunst entspricht, besteht eine derartige Verpflichtung allenfalls erst im Zeitpunkt der (hier nicht erfolgten) Abnahme. Im Übrigen bedürfte es insoweit noch der Klärung, welche anerkannten Regeln der Technik für die "bituminöse Befestigung" eines Wirtschaftsweges gelten. Zu denken wäre insoweit an die "Zusätzliche Technische Vorschriften und Richtlinien für die Befestigung ländlicher Wege (ZTV LW)", herausgegeben von der Forschungsgesellschaft für Straßenverkehr (Nr. 975). Dass dieses technische Regelwerk verletzt ist, wurde nicht behauptet.

Das Gericht weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen in der Ausgabe 2001 (RStO 01), nach Ziffer I Abs. 4 des Allgemeinen Rundschreibens des Bundes­verkehrsministers vom 25. September 2001 erstmals für Straßen anzuwenden waren, die nach dem 31. März 2002 begonnen wurden. Die dort enthaltene Tafel 1 (Seite 17) gilt für Asphaltdecken für Fahrbahnen auf F2- und F3-Böden. Für F1-Böden gilt die Tafel 1 nicht. Die Bauklassen werden nach der bemessungs­rele­vanten Beanspruchung auf der Grundlage der durchschnittlichen täglichen Verkehrsstärke des Schwerverkehrs (DTV-SV) oder anhand detaillierter Achslast­daten ermittelt (Ziffer 2.6.1 RStO 01). Zeile 1 der Tafel 1 gilt für die Kategorie "Asphalttragschicht auf Frostschutzschicht". Diese Kategorie kennt von unten nach oben folgende Schichten, die aber nicht für jede Bauklasse einzuhalten sind, und die bei den einzelnen Bauklassen unterschiedliche Stärken aufweisen können: Frostschutzschicht, Asphalttragschicht, Asphaltbinderschicht, Asphalt­deckschicht. Die Tafel 1 der RStO 86 enthält andere Schichten mit anderen Stärken.

Das Gutachten erläutert nicht, weshalb die RStO 01 angewendet wird, weshalb es sich vorliegend um F2- bzw. F3-Böden handelt, weshalb die Bauklassen V oder VI einschlägig sind und weshalb abweichend von den in der RStO 01 genannten Schichten die Frostschutzschicht, Asphaltdeckschicht, Tragdeckschicht und Asphaltdeckschicht aufgeführt werden. Selbst wenn das Gutachten im Ergebnis zu Recht das Erfordernis eines "frostsicheren Oberbaus" von 45 cm postulieren würde, dann folgte daraus noch lange nicht, dass dieser Oberbau bzw. Unterbau nicht verwirklicht worden ist. Die Beklagte hat jedenfalls das Gegenteil erklärt. Es wäre der Klägerin ohne Weiteres möglich gewesen, während der Bauphase vor Ort oder durch eine spätere Probebohrung die Dicke des Unterbaus in der ihr ge­hören­den Wegeparzelle 218/5 feststellen zu lassen.

Soweit die Klägerin rügt, dass die Dicke der Tragschicht unbekannt sei, ist auch dieser Vortrag unsubstantiiert. Denn aus der bloßen Unkenntnis folgt noch nicht, dass die Beklagte ihre (angebliche) Verpflichtung zur Herstellung einer bestimm­ten Dicke nicht erfüllt habe. Im Übrigen gilt auch hier, dass die vertragliche Ver­pflichtung der Beklagten gemäß § 1 Abs. 3 des Vertrags nur nach Vorgaben der Ortsgemeinde bzw. der Verbandsgemeinde bestand und dass diese Vorgaben offenbar nicht erfolgt sind.

Soweit zu große Unebenheiten an der Oberfläche gerügt werden, hat dies nichts mit Nichterfüllung, sondern allenfalls mit der Verletzung von Sorgfaltspflichten zu tun. Denn auch die bituminöse Befestigung eines Wirtschaftsweges mit Uneben­heiten ist eine bituminöse Befestigung im Sinne des vertraglich geschuldeten Werks und somit kein "aliud". Eine etwaige Schlechterfüllung konnte nach dem hier anzuwendenden alten BGB jedoch nur nach vorheriger Abnahme gerügt werden.

Soweit das unkontrolliert abfließende Niederschlagswasser gerügt wird, fehlt der Nachweis, dass eine Verpflichtung zur Beseitigung des Niederschlagswassers auf dem fraglichen Wegestück besteht. Der Text des Vertrags besagt hierzu nichts. In Teil B ist lediglich eine Entwässerung für das auf die Baugrundstücke entfallende Niederschlagswasser geregelt. Diese Pflicht besteht im Übrigen nur gegenüber der Verbandsgemeinde als Trägerin der Abwasserbeseitigung. Anderweitige Vor­gaben durch die Klägerin oder die Verbandsgemeinde für die Entwässerung der Wegefläche sind nicht ersichtlich.

An dem vorliegenden Ergebnis würde es auch nichts ändern, wenn der Zahlungs­anspruch auf § 637 Abs. 3 BGB n.F. oder hilfsweise § 281 oder § 280 BGB n.F. zu stützen wäre. In allen Fällen wäre die Klage unschlüssig.

Insoweit sei nur ergänzend darauf hingewiesen, dass die Gewährleistungspflicht nach § 3 Abs. 1 des Vertrags erst "zum Zeitpunkt der Abnahme" eingreift, und dass § 3 Abs. 2 des Vertrags den Beginn der Gewährleistungsfrist an die mangel­freie Abnahme des Werkes knüpft. Eine Abnahme hat unstreitig nicht stattge­funden. Nach eigenem Vortrag der Klägerin hat der Geschäftsführer der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin gegenüber dem Ortsbürgermeister der Klägerin am 02.06.2008 erklärt, dass der Weg vertragsgemäß hergestellt worden sei und dass die Beklagte an dem Weg nichts mehr tun werde. Wenn das zutrifft, liegt hierin die Mitteilung der Fertigstellung nach § 3 Abs. 4 des Vertrags. Folglich hätte die Klägerin vertragsgemäß innerhalb von vier Wochen nach Eingang dieser Mit­teilung einen Termin zur Abnahme bestimmen müssen. Da dies nicht geschehen ist, hat es die Klägerin selbst zu vertreten, dass sie keine Gewährleistungs­ansprüche geltend machen kann.

Insoweit kann sich die Klägerin auch nicht auf § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB n.F. be­rufen. Danach steht es der Abnahme gleich, wenn der Besteller das Werk nicht innerhalb einer ihm von dem Unternehmer bestimmten angemessenen Frist ab­nimmt, obwohl er dazu verpflichtet ist. Das betrifft lediglich den hier nicht ge­ge­benen Fall, in dem sich der Besteller weigert, das Werk abzunehmen. Keines­falls folgt daraus, dass die angeblich nicht ordnungsgemäße Herstellung eine Ab­nahme entbehrlich macht. Der von der Klägerin zitierte Aufsatz von Rechtsanwalt Folnović (BauR 2008, 1360) stellt bislang nur eine Mindermeinung dar.

3) Der zweite Klageantrag ist unbegründet. Selbst wenn ein Feststellungs­antrag wegen fehlender Bezifferbarkeit etwaiger künftiger Schäden im Prinzip zulässig wäre, kann dieser Antrag aus den vorgenannten Gründen keinen Erfolg haben. Denn wenn gegenwärtig keine Mängelbeseitigungs-, Gewährleistungs- oder Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können, kann auch kein dies­bezüglicher Feststellungsantrag für die Zukunft erhoben werden.

Der Hilfsantrag ist unzulässig, weil anstelle des Feststellungsantrags eine un­mittelbare Leistungsklage auf Vertragserfüllung denkbar wäre. Allerdings würde dies, wie dargelegt, an dem unschlüssigen Vortrag scheitern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO, § 709 ZPO.