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Diese Entscheidung

Kein Anspruch eines fraktionslosen Ratsmitglieds auf Ausschussmitgliedschaft

BVerwG, Beschluss vom 13.10.1993 - Az.: 7 B 39.93

Leitsätze:
Das nicht fraktionsangehörige Gemeinderatsmitglied hat keinen bundesverfassungsrechtlichen Anspruch auf volle Mitgliedschaft in einem Ausschuss des Gemeinderats (im Anschluss an den Beschluss vom 7. Dezember 1992 - BVerwG 7 B 49.92 - Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 87). (amtlicher Leitsatz)

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Fortgang des Verfahrens: Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen: BVerfG, Beschluss vom 17.04.1994, 2 BvR 2705/93.

Volltext

Gründe

Die Klägerin, ein nicht fraktionsangehöriges Mitglied des beklagten Gemeinderats, wendet sich gegen ihre Nichtberücksichtigung bei der Neubesetzung der Ratsausschüsse. Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Auch die Beschwerde, mit der die Klägerin die Zulassung der Revision erstrebt, hat keinen Erfolg. Die Sache hat nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Die Beschwerde möchte in einem Revisionsverfahren als grundsätzlich bedeutsam geklärt wissen, ob es nach Bundesverfassungsrecht zulässig ist, einem direkt und mit hoher Stimmenzahl gewählten einzelnen Ratsmitglied die Mitwirkung in allen, namentlich den beschließenden Ausschüssen eines 34-köpfigen Gemeinderats zu versagen. Diese Frage kann die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht rechtfertigen, denn sie ist auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht ohne weiteres zu bejahen. Wie der Senat in seinem Beschluss vom 07.12.1992 - BVerwG 7 B 49.92 - (Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 87) ausgeführt hat, hat eine Ratsfraktion, auf die bei Anwendung der maßgeblichen proportionalen Sitzzuteilungsregeln kein Ausschusssitz entfällt, keinen bundesverfassungsrechtlichen Anspruch darauf, in einem oder gar in jedem Ausschuss des Rates - einschließlich der sogenannten beschließenden Ausschüsse - mit Sitz und Stimme vertreten zu sein. Einem einzelnen Ratsmitglied, das keiner Fraktion angehört, können aufgrund des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG keine weitergehenden Mitwirkungsrechte zustehen, und zwar auch dann nicht, wenn es "direkt und mit hoher Stimmenzahl" in den Rat gewählt worden ist. Ob das nicht fraktionsangehörige Ratsmitglied kraft seines Mandats wenigstens zur Mitwirkung in einem Ratsausschuss ohne Stimmrecht berechtigt ist (vgl. BVerfGE 80, 188, 217 ff.), wäre in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht zu entscheiden, weil die Klägerin allein die volle Rechtsstellung eines Ausschussmitglieds beansprucht.

Die Beschwerde macht ferner geltend, die Klägerin sei als eine "missliebig gewordene Stadträtin" von einer Mehrheit von Männern ohne sachlichen Grund abgewählt worden, und knüpft hieran die als grundsätzlich bedeutsam und klärungsbedürftig bezeichnete Frage nach einem Missbrauch des dem Rat und seinen Fraktionen zustehenden Rechts zur Neubesetzung der Ausschüsse. Auch diese Frage würde sich im Falle der Revisionszulassung nicht stellen, denn nach dem vom Berufungsgericht ermittelten, von der Beschwerde nicht mit erfolgreichen Verfahrensrügen angegriffenen und infolgedessen für das Revisionsgericht gemäß § 137 Abs. 2 VwGO verbindlichen Sachverhalt hat der Beklagte die Ausschüsse nicht ohne sachlichen Grund, sondern deswegen neubesetzt, um dem Fraktionswechsel einer Stadträtin Rechnung zu tragen, die bis dahin mit der Klägerin zu einer Fraktion verbunden war.