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Diese Entscheidung

Sittenwidrige Schenkung einer Gemeinde im Nationalsozialismus

BGH, Urteil vom 07.03.1962 - Az.: V ZR 132/60

Leitsätze:
1. Die Schenkung einer Gemeinde kann gegen die guten Sitten verstoßen, wenn die Vertragsteile wissen und billigen, dass die Zuwendung von der Gemeinde nur unter grober Verletzung der für die Haushaltsführung der Gemeinden bestehenden gesetzlichen Bestimmungen gemacht werden kann. (amtlicher Leitsatz)

2. Ist eine von einer Gemeinde während der Herrschaft des Nationalsozialismus gemachte Schenkung wegen beiderseitigen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig, so kann für die Klage auf Herausgabe des Geschenks die Anwendbarkeit des § 817 Satz 2 BGB zu verneinen sein. (amtlicher Leitsatz)

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Volltext

Tenor

In dem Rechtsstreit der Stadt Köln, vertreten durch ihren Oberstadtdirektor, Köln, Rathaus,

Klägerin, Berufungsbeklagte und Revisionsklägerin,

- Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. (...)

gegen

die Referendarin Edda Göring, (...)

Beklagte, Berufungsklägerin und Revisionsbeklagte,

- Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. (...)

hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs auf die mündliche Verhandlung vom 31. Januar 1962 unter Mitwirkung des Senatspräsidenten Dr. Tasche sowie der Bundesrichter Dr. Augustin, Schuster, Dr. Freitag und Dr. Mattern für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Köln vom 1. Juni 1960 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an den 4. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um das Eigentum an dem zur Zeit in München befindlichen Gemälde "Madonna mit Kind" von Lucas Cranach dem Älteren. Das Gemälde wurde der am 2.6.1938 geborenen Beklagten, der Tochter Hermann Görings, anlässlich ihrer Taufe von dem damaligen Oberbürgermeister Dr. Schmidt namens der Stadt Köln (Klägerin) geschenkt. Diese Schenkung hat folgende Vorgeschichte:

Im Herbst 1937 ließ der Chef des Stabsamtes des Preußischen Ministerpräsidenten, MinDir. Dr. Gritzbach, durch den Kunsthändler H. dem Direktor des Wallraf-Richartz Museums in Köln, Prof. Dr. Förster, einen Brief überbringen, der nach dem Vortrag der Parteien in der ersten Instanz folgenden Wortlaut hatte:

"Herr Feldmarschall Göring wünscht aus dem Ausland ein Meisterwerk altdeutscher Kunst zu erwerben. Er benötigt dafür ein Tauschobjekt. Als solches kommt nur das in Ihrem Museum befindliche Bild von Gozzoli 'Madonna mit Heiligen' in Frage.

Wie ich erfahre, beabsichtigen Sie ohnehin, dieses Bild abzugeben. Herr Feldmarschall ersucht Sie daher, es ihm für den erwähnten Zweck gegen Bezahlung zu überlassen."

Bei dem Meisterwerk, das aus der Kunstsammlung des früheren Großherzogs von Weimar in den Besitz des Luzerner Kunsthändlers F. übergegangen war, handelt es sich um das hier streitige Bild von Lucas Cranach. Die Klägerin trug sich zwar mit dem Gedanken, das Bild von Gozzoli gegen Devisen zu verkaufen oder gegen ein anderes Gemälde zu vertauschen. Sie kam aber dem Wunsch Görings nicht nach. Als sie auf ihre Nachforschungen erfuhr, dass Göring das Bild von Lucas Cranach im Auge habe, kaufte sie es von F. Ende April 1938 zum Preise von 50.000 RM, zahlbar auf ein freies Devisenkonto in München, um es als Geschenk für das im Hause Göring bevorstehende freudige Ereignis zu überbringen. Das Bild wurde nach Köln geschickt, dort im Museum vorübergehend ausgestellt und, bevor der Kaufpreis bezahlt war, bei der Tauffeier (Mitte Juni 1938) dem Vater der Beklagten als Geschenk für seine Tochter übergeben. Da die Klägerin die Genehmigung für die Zahlung des Kaufpreises nicht erhielt, kam es nach lebhaften Auseinandersetzungen mit dem Verkäufer schließlich zu einer Regelung dahin, dass die Klägerin F. ein Bild von van Gogh (Kopf eines jungen Mannes) überließ und F. dessen Mehrwert ausglich.

Das Gemälde "Madonna mit Kind" wurde nach dem Kriege zunächst von einer amerikanischen Dienststelle verwahrt. Als die Klägerin davon Kenntnis erhielt, focht sie mit Schreiben v. 8.8. und 7.12.1949 die Schenkung wegen Drohung an. Später ging das Bild in die Treuhandverwaltung der Bundesrepublik (Auswärtiges Amt) über. Um das Eigentum streiten sich außer den Parteien auch das Land Bayern.

Die Klägerin hat zunächst Feststellungsklage erhoben, dass sie Eigentümerin des Bildes sei. Das LG hat der Klage stattgegeben. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin hilfsweise beantragt, die Beklagte zu verurteilen, darin einzuwilligen, dass die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Auswärtige Amt, das Gemälde von Cranach "Madonna mit Kind" an die Klägerin herausgibt. Nachdem die Berufung der Beklagten durch Versäumnisurteil vom 7.7.1958 zurückgewiesen worden war, hat auf Einspruch der Beklagten das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil dieses Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Gründe

Das Berufungsgericht teilt die Auffassung des Landgerichts, daß die Klage unter den rechtlichen Gesichtspunkten der Anfechtung wegen Drohung, des Verstoßes gegen die Deutsche Gemeindeordnung und des Beamtenrechtes nicht begründet sei; es verneint, insoweit im Gegensatz zum Landgericht, aber auch den Charakter eines gegen die guten Sitten verstoßenden Rechtsgeschäftes.

I.

Das Berufungsgericht hält den Nachweis nicht für erbracht, daß Göring oder ein anderer die Organe der Klägerin bewußt in Furcht vor einem künftigen Übel versetzt und dadurch zur Schenkung veranlaßt habe.

1. Schon der genaue Wortlaut des Schreibens vom Herbst 1937 sei nicht zu ermitteln. Die Beklagte habe den Text zwar selbst wörtlich mitgeteilt. Sie sei dabei der Auffassung gewesen, dieser aus einem Schriftsatz der Klägerin in einem anderen Prozeß entnommene Wortlaut sei von der Klägerin aus dem Original zitiert worden, was aber nicht zutreffe.

Auf die Auffassung des Berufungsgerichtes, bei diesem Sachverhalt könne von einem gerichtlichen Geständnis der Beklagten (§§ 288, 290 ZPO) nicht gesprochen werden, und auf die Bedenken der Revision braucht nicht eingegangen zu werden; denn das Berufungsgericht legt hilfsweise diesen Text des Schreibens seinen weiteren Erörterungen zugrunde.

2. Aus dem Wortlaut des Schreibens ergibt sich nach Auffassung des Berufungsgerichts eine Drohung nicht. Das Wort "ersuchen" möge zwar als Einkleidung eines privaten Wunsches durchaus unangebracht gewesen sein. Bei Berücksichtigung der Zeitverhältnisse lasse eine solche Ausdrucksweise aber noch nicht auf einen dienstlichen Befehl schließen; der ganze Inhalt des Schreibens weise deutlich darauf hin, daß es sich nur um ein Kaufangebot gehandelt habe, dessen Annahme oder Ablehnung im Ermessen der Klägerin gestanden habe. In dem Briefe seien auch nicht zwischen den Zeilen irgendwelche Nachteile für den Fall der Ablehnung angedroht worden. So habe es auch der Oberbürgermeister Dr. S. aufgefaßt. Er habe nämlich den Wunsch nicht erfüllt und die Sache auf sich beruhen lassen, bis er später in der erwarteten Geburt der Beklagten eine passende Gelegenheit gesehen habe, den Feldmarschall auf andere Weise zufrieden zu stellen. Während der Zwischenzeit seien von dessen Seite aus keine Schritte unternommen worden.

Die Revision meint, es verstoße gegen die Denkgesetze, eine Milderung des heute als unangebracht anzusehenden Tones aus den damaligen Verhältnissen entnehmen zu können. Damit verkennt sie die Ausführungen des Berufungsgerichtes. Nach dessen Auffassung wurden damals Bitten und Wünsche oft in hartem und unhöflichem Tone vorgetragen, ohne daß damit schon Befehle gegeben werden sollten. Der in dem Schreiben von Dr. G. angeschlagene Ton müsse daher nicht auf eine Befehlsausgabe schließen lassen. So betrachtet enthalten die Urteilsgründe keinen Rechtsirrtum.

Die Revision will ferner daraus, daß die Klägerin ein Bild aus ihrem Kunstbesitz nur mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde verkaufen durfte (§ 62 Abs. 2 Nr. 3 DGO), schließen, daß das Kaufersuchen die Einkleidung, eines Befehls gewesen sei. Das Schreiben enthält jedoch keine Weisung, daß die Genehmigung nicht einzuholen sei, daß man sich also über die Genehmigungsbedürftigkeit hinwegzusetzen habe.

3. Daß auch der damalige Oberbürgermeister den Brief nicht als Drohung aufgefaßt habe, schließt das Berufungsgericht daraus, daß er das Bild nicht verkauft habe. Diese mögliche tatsächliche Würdigung ist mit Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Damit stimmt überein, daß der Ablehnung des Verkaufes des Bildes keine Sanktionen nachfolgten.

4. Das Berufungsgericht ist ferner der Ansicht, eine Drohung lasse sich aus dem Briefe auch nicht im Zusammenhang mit den allgemeinen politischen Verhältnissen der Jahre 1937/38 herleiten. Es könne nicht daran vorbeigegangen werden, daß der Oberbürgermeister einer Großstadt bei der Partei hoch in Gunsten und Ansehen gestanden haben müsse, weil er sonst nicht diese Stellung hätte erlangen können. Es bestünden auch keine Anhaltspunkte dafür, daß Göring seine große Machtstellung im vorliegenden Falle irgendwie bewußt ausgespielt habe, um seinem Wunsch Nachdruck zu verleihen. Ein Vorgehen gegen den Oberbürgermeister hätte überdies bei der Rivalität, wie sie zwischen den damaligen Machthabern bestanden habe, sehr wahrscheinlich nicht nur den Widerstand anderer hoher Parteifunktionäre, sondern auch im In- und Ausland erhebliches Aufsehen erregt, das höchst ungern gesehen worden sei, wenn dadurch der geflissentlich verbreitete Anschein persönlicher Integrität verloren zu gehen drohte.

Wenn demgegenüber die Revision meint, schon der Brief selbst stelle eine Ausspielung der persönlichen Machtstellung des Kaufinteressenten dar, so begibt sie sich auf das ihr verschlossene Gebiet der Beweiswürdigung. Bei ihrem Hinweis darauf, daß Göring selbst vor einem so wichtigen Manne wie dem damaligen Stabschef Röhm nicht Halt gemacht habe, um so weniger vor einem Oberbürgermeister, übersieht sie, daß im erstgenannten Falle politische Beweggründe im Vordergrund standen, während es sich hier um die Durchsetzung eines privaten Wunsches handelte. Beide Fälle lassen sich daher nicht ohne weiteres gleichsetzen. Soweit die Revision vorträgt, einem Befehl Görings sei die Drohung immanent gewesen, daß bei Zuwiderhandlung dem Bedrohten ein Übel widerfahren werde, setzt sie als gegeben voraus, was erst zu beweisen war, nämlich, daß der Brief einen Befehl enthalte.

5. Auch aus den Bekundungen des Zeugen Dr. F., so fährt das Berufungsgericht fort, könne nicht festgestellt werden, daß der Oberbürgermeister Dr. Schmidt durch den Brief unter Drohung gesetzt wurde und unter diesem Druck gehandelt habe. Möglicherweise habe Dr. Schmidt befürchtet, er werde das Wohlwollen Görings verscherzen, wenn er dessem Wunsch nicht irgendwie entgegenkomme; ein Handeln aus solchen Vorstellungen sei aber kein Handeln unter dem Druck einer Drohung. Zudem habe der Oberbürgermeister, wie sich aus den Zeugenaussagen ergebe, über gute Beziehungen verfügt; er sei ein selbstherrlicher Hann gewesen, der die Unabhängigkeit seiner Entscheidungen bis zu einem gewissen Grade auch gegenüber den Parteidienststellen zu behaupten gewußt habe. Alle diese Umstände sprächen entschieden gegen die Annahme, der Oberbürgermeister habe sich aus Furcht vor Übergriffen zu dem Geschenk entschlossen. Auch diese Ausführungen sind frei von Rechtsirrtum. Wesentliches Merkmal der Drohung im Sinne des § 123 BGB ist, daß die Beeinflussung des freien Willens des Gegners durch ein vom Willen des Drohenden abhängiges, von diesem erst noch irgendwie in Bewegung zu setzendes, künftiges Übel erfolgt sein muß. Das Vorliegen einer Drohung mit einem zukünftigen Übel kann nicht durch bloße Furcht auf Seiten des Bedrohten vor einem Übel im Falle einer Ablehnung ersetzt werden (Soergel/Hefermehl, BGB 9. Aufl., § 123 Anm. 34). Die gegenteilige Auffassung der Revision müßte übrigens zu einer unübersehbaren Vermehrung der anfechtbaren Rechtsgeschäfte führen. Denn sehr oft wird derjenige, der von einem anderen um die Erfüllung eines Anliegens angegangen wird, mit einem mehr oder weniger großen Nachteil für den Fall der Ablehnung rechnen.

6. Fehlt es sonach am Nachweis einer Drohung, so scheidet schon aus diesem Grunde die Anwendung des § 123 BGB aus. Auf die von der Revision stark bekämpften Ausführungen des Berufungsgerichts zur Frage der Ursächlichkeit (ob nämlich der Brief vom Herbst 1937 die Schenkung im Juni 1938 verursacht hat) braucht daher nicht mehr eingegangen zu werden.

II.

1. Zur Schenkung hat es nach der Auffassung des Berufungsgerichts nicht der Genehmigung der Staatsaufsichtsbehörde bedurft. Das Bild sollte aus Haushaltsmitteln bezahlt werden. Für Leistungen aus der Haushaltswirtschaft kämen aber grundsätzlich nur die Bestimmungen über das Haushaltsrecht, nicht die §§ 60 ff. DGO (Gemeindevermögen) in Frage. Das Bild selbst habe niemals zum Vermögen der Klägerin im engeren Sinne gehört; es sollte überhaupt nur zu dem Zweck erworben werden, alsbald wieder als Geschenk weggegeben zu werden.

Die Revision greift diese Ausführungen nicht an. Sie lassen auch keinen Rechtsirrtum hervortreten. Überdies bleibt nach den Urteilsgründen die Frage offen, ob das Bild zur Zeit der Übergabe an Göring bereits Eigentum der Klägerin war.

2. Die unentgeltliche Zuwendung des Bildes verstieß, wie das Berufungsgericht mit eingehenden Gründen darlegt, auch nicht gegen gesetzliche Verbote. § 15 DBG sei nicht anwendbar, weil Göring kein Beamter im Sinne des Deutschen Beamtengesetzes gewesen sei (§§ 156 Abs. 2, 177 DBG). Auch eine strafbare Handlung (§ 331 StGB) scheide aus, weil es an dem Zusammenhang zwischen dem Geschenk und einer in das Amt des Beschenkten einschlagenden, als Gegenleistung gedachten Handlung fehle. Die öffentlichen Ämter Görings seien höchstens der äußere Anlass für die Zuwendung gewesen. Das Geschenk habe ausschließlich repräsentativen Charakter gehabt. Es fehle auch an jeder näheren Darlegung seitens der Klägerin, welche in die Stellung Görings einschlagenden Vorteile sich die Organe der Klägerin aus dem Geschenk versprochen hätten.

Auch diese Ausführungen werden von der Revision nicht bemängelt; sie geben zu rechtlichen Bedenken keinen Anlass.

III.

Schenkung und Übereignung des Cranach-Bildes sind nach Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig. Das Gesamtbild, wie es sich aus Inhalt, Zweck, Beweggründen und Begleiterscheinungen des Rechtsgeschäftes ergebe, widerspreche nicht dem allgemeinen Sittlichkeitsempfinden.

1. Ehrengaben an hochgestellte Personen des öffentlichen Lebens seien als Ausdruck der Verehrung, des Dankes und der Anerkennung für besondere Verdienste oder auch nur der Höflichkeit von jeher üblich. Geburt und Taufe hätten im vorliegenden Fall Anlass gegeben, um den Vater entsprechend seiner führenden Stellung zu ehren und durch Erfüllung seines Sammlerwunsches zu erfreuen. Allerdings handele es sich um ein sehr wertvolles Geschenk, das aus dem Rahmen anderer Geschenke herausgefallen sei. Die Geschichte kenne aber auch Beispiele, wo noch wertvollere Zuwendungen gemacht worden seien. Göring sei 1938 immerhin der zweithöchste Mann im Staate gewesen; er sei damals populärer gewesen als andere führende Männer seiner Partei.

Nicht zu übersehen sei andererseits, dass die Deutsche Gemeindeordnung die Gemeinden zur pfleglichen, wirtschaftlichen und sparsamen Verwaltung ihrer Mittel verpflichte. Die Hergabe eines Geschenkes in Höhe von 50.000 RM habe aber für die Stadt Köln und ihre Bürger keine fühlbare Einbuße bedeutet oder gar die Erfüllung gemeindlicher Aufgaben ernstlich gefährdet. Das Wohlwollen Görings und die Hebung des offiziellen Ansehens der Stadt in den Augen der politischen Kreise, die durch eine solche repräsentative Gabe ausgelöst werden musste, hätten für die Klägerin unter den damaligen Verhältnissen einen gewissen, wenn auch materiell nicht greifbaren Vorteil bedeutet.

Ein Verstoß gegen die guten Sitten lasse sich auch nicht daraus herleiten, dass Göring das Geschenk angenommen habe. Er sei nicht in erster Linie dazu berufen gewesen, über ein sparsames Finanzgebaren der preußischen Gemeinden zu achten. Das Gesetz begnüge sich zur Aufrechterhaltung eines geordneten Rechtslebens mit einem Durchschnittsmaß von Redlichkeit und Anstand. Lege man diesen Maßstab an, so erscheine die Annahme des Geschenkes nach den Gesamtumständen des Falles auch nicht als standesunwürdig. Schließlich gäben auch die Beweggründe und die Begleitumstände sowie der Zweck der Schenkung dieser nicht den Charakter der Sittenwidrigkeit. Die im Spiel stehenden Beweggründe seitens der Geberin seien gewiss keine besonders vornehmen gewesen, rechtfertigten aber nicht die Annahme eines Verstoßes gegen die guten Sitten. Für ein bewusstes Handeln des Oberbürgermeisters zum Nachteil der Stadt seien keine Anzeichen gegeben. Göring habe zwar aus eigennützigen Gründen das Geschenk angenommen. Von einer vorwerfbaren Selbstsucht, die sich besonders rücksichtslos über das Gemeinwohl hinweggesetzt habe, könne aber nicht gesprochen werden. Er habe auch nicht seine Machtstellung in besonderer Weise in die Waagschale geworfen, um durch missbräuchliche Ausnutzung der ihm anvertrauten Macht auf Kosten der Klägerin persönliche Vorteile zu erlangen. Es sei nicht bewiesen, dass er je den Wunsch ausgesprochen habe, die Klägerin möge das Bild schenken.

2. Die Revision trägt viele Bedenken gegen diese Ausführungen vor. Sie greifen mit einer Ausnahme, die unter 3. noch zu erörtern sein wird, nicht durch. Es braucht daher nicht zu jeder einzelnen Rüge Stellung genommen zu werden. Zusammenfassend genügt es, auf Folgendes hinzuweisen:

a) Die Sittenwidrigkeit der Schenkung lässt sich weder allein deshalb bejahen, weil der Vater der Beschenkten eine der damals mächtigsten Personen in Deutschland war, noch damit, dass seine Person heute auf Grund der nunmehr zutage getretenen geschichtlichen Wahrheit anders zu beurteilen ist, als sie im Jahre 1938 gewertet wurde.

b) Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass nach Auffassung des Berufungsgerichts die Beklagte und nicht ihr Vater das Geschenk erhalten sollte. Das ergibt sich schon aus dem unstreitigen Tatbestand des angefochtenen Urteils. Die Urteilsbegründung weicht davon nicht ab.

c) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die nachträglichen Schwierigkeiten, die die Bezahlung des Kaufpreises machte, bei der Frage der Bewertung des Geschenkes auszuscheiden haben.

d) Die Schenkung erfolgte nach den Urteilsfeststellungen weder auf Grund einer Drohung seitens Görings, noch weil dieser den Wunsch nach einer Schenkung zum Ausdruck gebracht hat. Für die Behauptung der Revision, dass sich die Stadt nur mit starker Nachhilfe Görings zu dem Geschenk entschlossen habe, findet sich in den Urteilsgründen keine Stütze.

e) Wenn bei der Geschenkauswahl den Sammlerwünschen Görings Rechnung getragen wurde, so drückt dies der Schenkung nicht schon den Stempel der Sittenwidrigkeit auf. Deshalb kann dahinstehen, ob die damals vorhandene Bildersammlung auf unrechte Weise zustande gekommen war.

f) Die Anwendung des § 530 BGB (Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks) scheitert einmal daran, dass die Klägerin eine juristische Person, das Widerrufsrecht aber höchst persönlicher Natur ist (RG, SeuffArch. 85, 233, 237). Zum anderen hat den groben Undank jedenfalls nicht die Beklagte als Beschenkte begangen. Der Hinweis auf Verfehlungen ihres Vaters schlägt nicht durch. Die den groben Undank darstellenden Verfehlungen muss der Beschenkte selbst begangen oder durch sein Unterlassen unterstützt haben. Es genügt ein Verhalten eines Dritten nicht (RGRK, aaO § 530 Anm. 8; OLG Hamburg, FamRZ 60, 151). Der Vater der Beklagten war deren Vertreter beim Abschluss von Rechtsgeschäften. Insoweit muss die Beklagte seine Kenntnisse gegen sich gelten lassen (§ 166 BGB). In diesen Bereich fallen aber seine den groben Undank begründenden Verfehlungen nicht. Sie muss sich die Beklagte nicht anrechnen lassen.

3. Der Inhalt des Vertrages, sein Zweck und die Beweggründe der Vertragsteile rechtfertigen, für sich allein wie in ihrem Zusammenhalt betrachtet, die Annahme der Sittenwidrigkeit der Schenkung nicht; hätte eine Privatperson oder eine juristische Person des bürgerlichen Rechtes das Geschenk gemacht, so könnte auch dessen hoher Wert diese Beurteilung nicht stützen. Im vorliegenden Falle handelt es sich indessen um eine Gemeinde, die aus ihren zum großen Teil aus Steuern gebildeten Haushaltsmitteln den sehr hohen Kaufpreis auf ein freies Devisenkonto zahlen sollte. Auch die Gesetze der damaligen Zeit bestimmten, dass mit den Haushaltsmitteln einer Gemeinde sparsam und wirtschaftlich umzugehen sei. Das von Göring selbst unterzeichnete preußische Gemeindefinanzgesetz vom 15.12.1933 (GS 442) weist in seiner Präambel auf die Verantwortung der Staatsführung dafür hin, dass die Verwaltung der Körperschaften nach den Grundsätzen gewissenhaftester Sparsamkeit, höchster Wirtschaftlichkeit und unbedingter Sauberkeit geführt werde. Die von den Gemeinden benötigten Mittel seien der Ertrag schwerer Arbeit der Volksgenossen. Als Träger erheblicher Vermögen müssten die Gemeinden Treuhänder der Gemeinschaft sein, ihr Vermögen hätten sie sorgsam zu verwalten. Der Staatsführung obliege es, zu wachen, dass die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Sauberkeit gewissenhaft beobachtet würden.

Diese Grundsätze werden in § 13 des Gesetzes zum Gesetzesinhalt gemacht: Danach dürfen die Bürgermeister nur notwendige Ausgaben zur Aufrechterhaltung der Verwaltung und Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben machen. Die Deutsche Gemeindeordnung vom 30.1.1935 (RGBl I 49), bei deren Erlass Göring als Mitglied der Reichsregierung mitbeteiligt war, bestimmt in den §§ 7 und 60, dass die Gemeinden Vermögen und Einkünfte als Treuhänder der Volksgemeinschaft gewissenhaft zu verwalten haben, und legt den Bürgermeistern die Pflicht auf (§ 89), Haushaltsmittel nur insoweit in Anspruch zu nehmen, als es bei wirtschaftlicher und sparsamer Verwaltung erforderlich sei.

Zur Erfüllung gemeindlicher Aufgaben, worunter auch eine würdige Repräsentation einer Gemeinde bei gegebenen Anlässen fällt (Hettlage, Der Gemeindehaushalt, 1937, 153, 154), darf danach nicht mehr ausgegeben werden, als bei wirtschaftlicher und sparsamer Haushaltsführung notwendig ist (Suren/Loschelder, Die Deutsche Gemeindeordnung § 89 Anm. 3 b; Kerrl/Weidemann, Deutsche Gemeindeordnung 2. Aufl. § 89 Anm. 2). Jeder übertriebene Aufwand ist zu vermeiden (Kiefer/Schmid, Die Deutsche Gemeindeordnung § 89 Anm. 2). Nichts anderes gilt, was vielfach verkannt wird, für die Verfügungsmittel (Dispositionsfonds). Auch über sie kann der Bürgermeister nur verfügen, soweit es zur wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung und Aufgabenerfüllung notwendig ist (§§ 11, 32 Gemeindehaushaltsverordnung vom 4.9.1937, RGBl I 921).

Ausgaben, die unter Außerachtlassung dieser Vorschriften geleistet werden, sind freilich bürgerlich-rechtlich gültig (Suren/Loschelder aaO § 91 Anm. 6). Damit ist aber noch nichts über die Frage der Sittenwidrigkeit der inmitten liegenden Rechtsgeschäfte ausgesagt.

Ein Verstoß gegen die guten Sitten kann nicht nur in dem Verhalten gegenüber dem Geschäftsgegner gefunden werden, sondern auch in dem gegenüber der Allgemeinheit, so wenn die Vertragsteile wissen und billigen, das die Vertragsleistung einer Partei mit Hilfe von Verstößen gegen Gesetze erbracht werden soll, die im Interesse der Allgemeinheit geschaffen sind (BGH LM BGB § 138 Ca Nr. 1).

Dass die oben erwähnten Vorschriften im Interesse der Allgemeinheit erlassen wurden, unterliegt keinem Zweifel. Ein mit einer Gemeinde geschlossener Vertrag kann daher als sittenwidrig und damit rechtsunwirksam (§ 138 Abs. 1 BGB) anzusehen sein, wenn die Vertragsteile wissen und billigen, dass die Vertragsleistung der Gemeinde nur unter gröblicher Verletzung der im Interesse der Allgemeinheit gegebenen Haushaltsvorschriften erbracht werden kann; das gilt in Sonderheit für Schenkungen einer Gemeinde, die aus deren Haushaltsmitteln aus Anlässen wie dem hier in Frage stehenden finanziert werden sollen. Es muss sich freilich um mehr als eine nur tadelnswerte, unangebrachte und zu Kritik herausfordernde Ausgabenbewilligung handeln. Die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB kommt aber jedenfalls dann in Betracht, wenn die Handhabung der Haushaltsvorschriften in einem so hohen Maße fehlsam ist, dass von einer sparsamen Ausgabe der öffentlichen Mittel und einer gewissenhaften treuhänderischen Verwaltung des Gemeindevermögens schlechthin nicht mehr gesprochen werden kann.

So ist die Sachlage hier gestaltet: Der Anlass zur Schenkung berührte die Belange der Stadt Köln nur ganz entfernt und auch nur mittelbar, indem man den Vater der Beschenkten ehren wollte. Das Geschenk hatte einen ganz ungewöhnlich hohen Wert. Der Kaufpreis musste in Devisen aufgebracht werden, die zu jener Zeit nur knapp vorhanden waren. Unter solchen Umständen drängt sich die Auffassung auf, dass hier von einer sparsamen Haushaltsverwaltung und einer treuhänderischen Verwertung des Vermögens im Rahmen der geltenden Bestimmungen schlechthin nicht mehr die Rede sein kann, auch wenn man berücksichtigt, dass damals der Vater der Beschenkten in weiten Kreisen des Volkes noch in Ansehen stand. (...)

Die Argumente, die das Berufungsgericht für seine gegenteilige Auffassung ins Feld führt, sind nicht entscheidungserheblich. So ist es nicht von Bedeutung, dass, wie es ausführt, an verdiente Staatsmänner mitunter noch wertvollere Geschenke gemacht wurden. Im vorliegenden Fall war die Beschenkte ein neugeborenes Kind. Überdies liegt es auf der Hand, dass für Schenkungen eines Staates andere Maßstäbe angelegt werden können, schon deshalb, weil ihm größere Mittel zur Verfügung stehen. Der Staat braucht sich auch, wenn er einen Staatsdiener beschenkt, nicht jene Zurückhaltung aufzuerlegen, die geboten ist, wenn umgekehrt eine der Staatsaufsicht unterstehende Gemeinde den Regierungschef mit einem Geschenk ehren will.

Dass die Stadt Köln im Jahre 1938 sich nicht in einer Notlage befand, dass ihrem Oberbürgermeister ein Dispositionsfonds in Höhe von 200.000 RM zur Verfügung stand, dass angesichts ihres hohen Haushaltes die Ausgabenbewilligung von 50.000 RM keine Einbuße darstellte und die Erfüllung gemeindlicher Aufgaben nicht ernstlich gefährdete, was alles das Berufungsgericht festgestellt hat, besagt ferner nichts darüber, dass das Gebot der sparsamen Verwaltung der Mittel für unabweisbar notwendige Ausgaben beachtet und eingehalten worden ist. Immerhin spricht das Berufungsgericht an anderer Urteilsstelle selbst von dem erheblichen Aufwand, den die Stadt Köln mit dem Geschenk getrieben habe, was eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Bürgern missbilligt hätte.

Die Klägerin behauptet, der gesetzliche Vertreter der Beklagten, auf dessen Kenntnis der Begleitumstände es ankommt (§ 166 BGB), habe gewusst, dass eine Stadt wie Köln ein derart hohes Geschenk nicht machen durfte. Die Beklagte bestreitet dies. Das Berufungsgericht hat jedoch keine Feststellungen darüber getroffen, ob die Vertragsteile erkannt und gebilligt haben, dass die durch Beschaffung des Geschenkes ausgelöste Ausgabenbewilligung mit dem Gebot der Sparsamkeit in der Haushaltsführung schlechthin nicht zu vereinbaren, die Schenkung nur unter gröblicher Missachtung der bestehenden Haushaltsvorschriften auszuführen war. Es meint zwar an anderer Urteilsstelle, der Gedanke an eine Schädigung des Gemeinwohls habe nicht so nahe gelegen, dass sich Göring der Entschluss hätte aufdrängen müssen, das Geschenk zurückzuweisen. Diese Bemerkung steht aber ersichtlich in engem Zusammenhang mit der unzureichenden Beantwortung der Frage, ob sich der Oberbürgermeister bei der Ausgabenbewilligung noch innerhalb der ihm vom Gesetz gewiesenen Schranken gehalten hat; sie kann daher vom Revisionsgericht nicht als bindende Feststellung der mangelnden Kenntnis gewertet werden. Insoweit bedarf es ergänzender Feststellungen durch den Tatrichter; das Revisionsgericht ist nicht berufen, sie von sich aus zu treffen. Hierbei wird zu beachten sein, dass Göring, wenn "auch nicht in erster Linie", als Ministerpräsident über die Finanzgebarung der Gemeinden zu wachen hatte und dass er selbst die maßgebenden Gesetze erlassen oder doch bei ihrer Schaffung mitgewirkt hatte. Er hatte sich ferner um das Cranach-Bild schon vor Absendung des Briefes von Dr. Gritzbach bemüht. Hieraus lassen sich möglicherweise Schlüsse auf seine Kenntnis vom Wert und Kaufpreis des Bildes und der Notwendigkeit der Devisenbeschaffung ziehen. Zu untersuchen wäre ferner, ob sich ihm nicht der Gedanke aufdrängen musste, dass das Geschenk in einem Zusammenhang mit jenem Brief, von dessen Existenz er nach den Urteilsfeststellungen wusste, stehen könne, weshalb um so sorgsamer die Frage der gesetzestreuen Haushaltsführung zu prüfen war.

IV.

Zu untersuchen ist noch, ob das angefochtene Urteil nicht aus anderen Gründen aufrecht erhalten werden kann (§ 563 ZPO). Das ist zu verneinen.

1. Die Beklagte beruft sich auf Ersitzung (§ 937 BGB). Sie hat während der Dauer der Minderjährigkeit zwar nur mittelbaren Besitz gehabt, solange ihr Vater als gesetzlicher Vertreter unmittelbaren Besitz an dem Bild hatte. Aber auch ein mittelbarer Besitz reicht zur Eigentumsgewinnung durch Ersitzung aus. Dazu ist ein zehnjähriger Eigenbesitz erforderlich. Die zehnjährige Ersitzungszeit wäre an sich im Juni 1948 abgelaufen. Die Klage ist im Jahre 1950 erhoben worden. Zugunsten der Beklagten kann davon ausgegangen werden, dass sie den Besitz 1945 ohne ihren Willen verloren hat. Sie hat ihn aber nicht binnen eines Jahres wiedererlangt. Damit war die Ersitzung endgültig unterbrochen. Das hat zur Folge, daß die bis zur Unterbrechung verstrichene Zeit für die Ersitzung nicht mehr in Betracht kommt (§§ 940, 942 BGB). Darauf, dass der Ablauf der Ersitzungszeit durch die Kriegs- und Nachkriegsvorschriften über die Hemmung der Verjährung aufgehalten war (§ 939 BGB; vgl. Palandt-Danckelmann, BGB, 21. Aufl., Anhang zu § 202 Anm. 1 b), kommt es alsdann nicht mehr an.

2. Auch die Berufung auf § 817 BGB geht fehl.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie sei Eigentümerin des Bildes; auf Ansprüche auf Herausgabe des Eigentums (§ 985 BGB) sei § 817 BGB grundsätzlich nicht anwendbar. Letzteres entspricht zwar der herrschenden Auffassung in der Rechtsprechung und im Schrifttum (BGH NJW 51, 643). Es ist indessen sehr zweifelhaft, ob von der - hier zunächst unterstellten - Nichtigkeit des Grundgeschäftes (Schenkung) auch das Erfüllungsgeschäft (Eigentumsübertragung) erfasst wurde. Geht man mit der Beklagten von der Gültigkeit des letzteren aus, so steht der Klägerin unter der Voraussetzung, daß die Beklagte das Eigentum wegen Fehlens eines wirksamen Grundgeschäfts ohne Rechtsgrund erlangt hat, ein Anspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung zu. Auch solchen Ansprüchen (§ 812 BGB) steht die Bestimmung des § 817 Satz 2 BGB entgegen. Sie gilt für alle Bereicherungsansprüche und nicht nur für den des § 817 Satz 1 BGB (BGHZ 35, 103, 107 ); die Klägerin muss sich auch im allgemeinen ein in der Person ihres Bürgermeisters begründetes Hindernis der Rechtsverfolgung (§ 817 Satz 2 BGB) entgegenhalten lassen (RGZ 100, 246, 250).

Im vorliegenden Falle ist jedoch folgendes zu beachten: Die Vorschrift des § 817 Satz 2 BGB entzieht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht den Bereicherungsanspruch, sondern versagt nur einem Kläger den Rechtsschutz für einen Anspruch, der aus einem gesetzwidrigen oder sittenwidrigen Rechtsgeschäft abgeleitet wird. Er soll mit solchen Makeln behaftete Rechtsgeschäfte nicht vor die staatlichen Gerichte bringen können; um die Folgen dieser Geschäfte, soweit sie allein die Parteien betreffen, sollen sich die Gerichte nicht kümmern (BGHZ 35 aaO mit Nachweisen). Deshalb soll auch grundsätzlich die Regelung des § 817 Satz 2 BGB nicht mit der allgemeinen Arglisteinrede bekämpft werden können (vgl. Staudinger/Weber aaO 11. Aufl. § 242 Anm. A 24 und D 398). Von diesen Grundsätzen abzugehen besteht im allgemeinen ein Anlass auch dann nicht, wenn ein Organ einer Gemeinde bei Abschluss eines Vertrages gegen die guten Sitten verstoßen hat und die Rechtsfolgen dieses Verhaltens die Gemeinde treffen. Auch ihr muss der Schutz durch die Gerichte versagt werden, wenn sie Ansprüche aus solchen Geschäften herleiten will. Die Anwendung des § 817 Abs. 2 BGB hat hier auch eine innere Berechtigung.

In einer nach demokratisch-parlamentarischen Regeln verwalteten Gemeinde steht nämlich die Finanzgebarung nicht nur unter einer mehr oder weniger stark ausgebildeten staatlichen Aufsicht, sie unterliegt auch der mehr gefürchteten Kritik von Presse und Öffentlichkeit. Ein Bürgermeister und eine hinter ihm stehende Mehrheit des gemeindlichen Parlaments setzen sich, wenn sie Gemeindevermögen verschleudern, der Beanstandung von allen diesen Seiten aus, sie laufen Gefahr, bei den nächsten Wahlen Amt und Mandate zu verlieren, ganz abgesehen davon, dass ein Bürgermeister auch zur Schadensersatzleistung herangezogen werden kann. Auf diese Weise ist in einem demokratischen Staatswesen ein ausreichender Schutz des Gemeindevermögens gewährleistet. Die in der Gemeinde in Erscheinung tretende Bürgergemeinschaft hat genügende rechtliche und politische Möglichkeiten, einem Missbrauch zum Nachteil des Gemeindevermögens zu begegnen.

Im nationalsozialistischen Staat galt auch für die gemeindliche Verwaltung das Führerprinzip. Der Bürgermeister hatte die maßgeblichen Entscheidungen allein zu treffen. Es gab zwar auch eine staatliche Aufsicht über die Finanzgebarung der Gemeinde. Je nach seinem Ansehen und seiner Stellung in der Partei, die den Staat trug, konnte sich der Bürgermeister indessen dieser Aufsicht mehr oder weniger entziehen. Seine Entscheidungen waren auch der offenen Kritik in Presse und Öffentlichkeit nur insoweit unterworfen, als es die örtlichen und übergeordneten Parteidienststellen für tragbar hielten. Waren Belange von Persönlichkeiten aus dem obersten Führungskreis im Spiele, wie im vorliegenden Falle, so trat auch diese Kontrolle völlig zurück. Zwischen dem Bürgermeister und solchen Personen konnten hier unter Hintansetzung der gemeindlichen Belange und missbräuchlicher Ausnutzung der gesetzlichen Befugnisse Vereinbarungen getroffen werden, ohne dass der Gemeinschaft irgend eine politische Misstrauenskundgabe offen stand. Wahlen zu Gemeindeparlamenten gab es nicht. Laute Kritik konnte zu persönlicher Verfolgung führen. Sparsamkeit und treuhänderische Verwaltung des gemeindlichen Vermögens waren bei der praktischen Handhabung der Gesetze dann nur noch Vokabeln ohne Wahrheitsgehalt. Würde die Justiz in Anwendung des § 817 Satz 2 BGB in Fällen wie dem vorliegenden Bereicherungsansprüchen der Gemeinden das Gehör versagen, so hätte dies die Bedeutung, dass sie einer damals schutzlosen Gemeinschaft auch heute noch den Schutz versagt und damit zur Perpetuierung von Übergriffen gemeindlicher Organe beiträgt. Das ist nicht Sinn und Zweck der erwähnten Vorschrift. Auch gegenüber ihrem sprachlich eindeutigen Wortlaut muss eine Auslegung nach Sinn und Zweck des Gesetzes Platz greifen, wenn der zur Entscheidung stehende Sachverhalt bei Erlass des Gesetzes noch nicht ins Auge gefasst werden konnte. Das ergibt sich aus der in Art. 20 Abs. .2 des Grundgesetzes ausgesprochenen Bindung der Gerichte an Gesetz und Recht (BGHZ 17, 266, 275).

Ähnliche Erwägungen hat das Reichsgericht angestellt, als aus einem von einem Testamentsvollstrecker abgeschlossenen Rechtsgeschäft Rechte gegen die Erben abgeleitet werden sollten, der Testamentsvollstrecker aber seine Stellung zum Nachteil der Nachlassmasse mißbraucht und der Geschäftsgegner dies erkannt hatte (RGZ 75, 299, 301; vgl. auch RGZ 134, 67, 71). Es hat auf die Schutzbedürftigkeit des Vertretenen gegen Missbrauch einer Vertretungsmacht hingewiesen. Derselbe Gedanke klingt auch an in der Begründung für die Nichtanwendung des § 817 Satz 2 BGB gegenüber dem Konkursverwalter. Es sei nicht der Sinn dieser Bestimmung, auf Kosten der an dem rechtlich missbilligten Verhalten des Konkursschuldners nicht beteiligten Gläubiger dem Bereicherten, der sittenwidrig gehandelt habe, sein unrechtmäßig Erworbenes zu belassen (BGHZ 19, 338, 340). Ebensowenig kann es Sinn und Zweck des Gesetzes sein, einer Gemeinde den Rechtsschutz zu versagen, wenn sie sich gegen die Entscheidungen ihres Organs auf Grund der damaligen politischen Machtverhältnisse nicht wehren konnte.

3.

In den Schriftsätzen der Beklagten ist noch die Meinung vertreten worden, Konfliktfälle der vorliegenden Art seien in den Säuberungsgesetzen der Nachkriegszeit abschließend geregelt worden. Ergäbe sich aus ihnen keine Stütze für den Klageanspruch, so müßte es bei der Anwendung des § 817 Satz 2 BGB bleiben. Dem kann nicht gefolgt werden. Diese Gesetze befassen sich mit dem Vermögen, das einem Betroffenen nach den Regeln des bürgerlichen Rechts rechtmäßig zusteht. Ansprüche Dritter gegen Personen, die unter diese Gesetze fallen, bleiben unberührt.

Nach allem muß die Revision aus den unter III 3 angeführten Gründen Erfolg haben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. Dem Senat erscheint es angebracht, von der Verweisungsmöglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch zu machen.