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Diese Entscheidung

Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz als Gemeindeverbände; Unterhaltungslast für künstliche Gewässer

OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.12.1995 - Az.: 1 A 10703/95

Leitsätze:
1. Die rheinland-pfälzischen Verbandsgemeinden sind entgegen ihrer Bezeichnung kommunalrechtlich Gemeindeverbände und keine Gemeinden. (Leitsatz des Herausgebers)

2. Der kommunalrechtliche Gemeindebegrff ist auch für die Auslegung von § 63 LWG RLP maßgeblich. Die Unterhaltungslast für künstliche Gewässer kann daher nicht auf Verbandsgemeinden übertragen werden. (Leitsatz des Herausgebers)

3. Beim Unterhalt eines künstlichen Gewässers, der nach § 63 Abs. 4 S. 2 auf eine Gemeinde übertragen worden ist, handelt es sich nicht um eine Selbstverwaltungsaufgabe. (Leitsatz des Herausgebers)

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Volltext

Tenor

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 28. November 1994 werden der Bescheid des Beklagten vom 01. Februar 1994 und der Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Beklagten vom 26. August 1994 aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die klagende Verbandsgemeinde wendet sich gegen einen Bescheid des Beklagten, in dem ihr die Unterhaltungspflicht für das Gewässer "... Kanal" übertragen worden ist.

Bei dem ... Kanal handelt es sich um ein Gewässer, das 1688 bis 1691 als künstliche Wasserverbindung von ... nach Landau errichtet wurde. Heute ist er in weiten Teilen zugeschüttet und nur noch im Bereich der Ortsgemeinde ... mit einer Länge von ca. 2 km als offener Entwässerungsgraben mit geringem Querschnitt erhalten geblieben. Der Kanal ist nach beiden Richtungen hin an den natürlichen Wasserlauf der ... angeschlossen. Im Jahre 1992 wurde eine Grundreinigung des Kanals durchgeführt, nachdem in den vorangegangenen Jahren keine ordnungsgemäße Unterhaltung durchgeführt worden war.

Mit Schreiben vom 19. April 1993 unterrichtete der Beklagte die Klägerin von der beabsichtigten Übertragung der Unterhaltungslast für den ... Kanal und gab dieser Gelegenheit zur Stellungnahme. Das staatliche Amt für Wasser- und Abfallwirtschaft Neustadt an der Weinstraße stimmte der vorgesehenen Übertragung der Unterhaltungslast auf die Klägerin mit Schreiben vom 27. Mai 1993 zu. Mit Bescheid vom 01. Februar 1994 übertrug der Beklagte daraufhin die Unterhaltungslast für den ... Kanal in der Gemarkung ... auf die Klägerin und führte zur Begründung aus: Nach § 63 Abs. 4 S. 2 LWG könnten die Gemeinden durch die Untere Wasserbehörde verpflichtet werden, künstliche fließende Gewässer, deren Unterhaltung nach Satz 1 der Vorschrift grundsätzlich den Eigentümern obliege, in ihre Unterhaltung zu übernehmen. Für den ... Kanal, der den Eigentümern der Ufergrundstücke gehöre, sei eine ordnungsgemäße Unterhaltung seitens der Grundstückseigentümer auch in Zukunft nicht zu erwarten und auch nicht praktikabel. Um eine einheitliche und ordnungsgemäße Unterhaltung sicherzustellen, werde deshalb die Unterhaltungslast auf die Verbandsgemeinde übertragen.

Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin nach erfolglosem Vorverfahren Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen: Es sei kein hinreichender Grund gegeben, von der gesetzlichen Regelung des § 63 Abs. 4 Satz 1 LWG abzuweichen, wonach die Unterhaltungslast den Eigentümern obliege. Den Eigentümern sei es ohne weiteres möglich, die notwendigen Unterhaltungsmaßnahmen ausführen zu lassen, soweit sie selbst dazu nicht in der Lage seien. Auch sie, die Klägerin, würde nach Übertragung der Unterhaltungslast auf die Ausführung durch Dritte angewiesen sein. Abgesehen davon könne sie schon deshalb nicht auf Übernahme der Unterhaltungslast in Anspruch genommen werden, weil in § 63 Abs. 4 Satz 2 LWG nur von "Gemeinden" die Rede sei, nicht von "Verbandsgemeinden". Danach könne allenfalls die Ortsgemeinde ... zur Übernahme der Unterhaltungslast verpflichtet werden.

Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 28. November 1994 die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen ausgeführt: Nach § 63 Abs. 4 S. 2 LWG könnten die Gemeinden von der Unteren Wasserbehörde verpflichtet werden, künstliche fließende Gewässer in ihre Unterhaltung zu übernehmen. Danach habe der Beklagte zu Recht die Unterhaltungslast für den ... Kanal auf die Klägerin übertragen. Bei dem Kanal handele es sich um ein künstliches fließendes Gewässer im Sinne von § 3 Abs. 3 S. 2, Abs. 4 Satz 1 LWG. Bei solchen Gewässern obliege die Unterhaltungslast nach § 63 Abs. 4 S. 1 LWG grundsätzlich den Eigentümern. Durch die in S. 2 der Vorschrift vorgesehene Möglichkeit der Übertragung auf die Gemeinden solle eine einheitliche und ordnungsgemäße Unterhaltung vor allem in den Fällen sichergestellt werden, in denen dies wegen der Vielzahl der regelmäßig Verpflichteten nicht gewährleistet sei. Ob von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht werde, stehe im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Wasserbehörde, die dabei die unterschiedlichen Interessen abzuwägen habe. Eine Übertragung könne insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Unterhaltung durch die Gemeinde aus Gründen des Wohles der Allgemeinheit notwendig sei, z. B. weil die Eigentümer oder Anlieger dazu nicht oder nicht in erforderlichem Umfang in der Lage seien. Von diesem Ermessen habe der Beklagte in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht. Der ... Kanal habe nämlich im Jahre 1992 einer umfangreichen Grundreinigung unterzogen werden müssen, weil die Unterhaltung des Gewässers in der Vergangenheit durch die Unterhaltspflichtigen nicht gewährleistet gewesen sei. Entgegen der Ansicht der Klägerin sei diese auch die richtige Verpflichtungsadressatin im Sinne von § 63 Abs. 4 S. 2 LWG. Unter dem dort verwandten Begriff "Gemeinden" seien sowohl Orts- als auch Verbandsgemeinden zu verstehen. Das ergebe sich aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift sowie der Gesamtstruktur des Landeswassergesetzes. Als Verpflichtungsadressaten seien in zahlreichen Vorschriften die verbandsfreien Gemeinden sowie die Verbandsgemeinden genannt. Das stehe auch in Einklang mit § 67 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, 6 und 7 der Gemeindeordnung, wonach die Verbandsgemeinde anstelle der Ortsgemeinde u.a. für die Wasserversorgung die Abwasserbeseitigung sowie den Ausbau und die Unterhaltung von Gewässern dritter Ordnung zuständig sei. Um eine einheitliche und ordnungsgemäße Gewässerunterhaltung im Gebiet einer Verbandsgemeinde sicherzustellen, sei es sachgerecht, diese Aufgaben der Verbandsgemeinde zuzuweisen, die - im Gegensatz zu Ortsgemeinden - in der Regel auch über entsprechendes Personal und Sachgerät verfüge. Für die Annahme, dass der Begriff "Gemeinden" im Sinne von § 63 Abs. 4 S. 2 LWG auch die Verbandsgemeinden umfasse, spreche letztlich auch die Regelung des § 67 LWG, wonach u.a. die Verbandsgemeinden verpflichtet seien, für innerhalb ihres Gebiets liegende Gewässer die Unterhaltungsarbeiten auf Kosten der Unterhaltungspflichtigen durchzuführen, wenn diese ihrer Verpflichtung nicht ordnungsgemäß nachkommen. Danach sei es nicht zu beanstanden, daß der Beklagte die Unterhaltungspflicht für den ... Kanal nicht auf die Ortsgemeinde ..., sondern auf die Klägerin übertragen habe. Abschließend sei darauf hinzuweisen, dass die Klägerin aufgrund der getroffenen Übertragungsregelung keine finanziellen Nachteile erleiden müsse, da sie berechtigt sei, die Kosten der Gewässerunterhaltung im Rahmen der §§ 63 LWG, 29 WHG durch Satzung auf die Eigentümer oder Nutzungsberechtigten umzulegen.

Gegen dieses ihr am 13. Januar 1995 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 31. Januar 1995 Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 28. November 1994 den Bescheid des Beklagten vom 01. Februar 1994 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. August 1994 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und macht ergänzend geltend, es sei im Interesse einer ordnungsgemäßen Gewässerunterhaltung erforderlich, dass in den Fällen des § 63 Abs. 4 Satz 2 LWG die Verbandsgemeinden unmittelbar als Träger der Unterhaltungslast bestimmt werden könnten. Das entspreche auch dem Sinn und Zweck des § 67 Abs. 1 der Gemeindeordnung, wonach die Aufgabe der Gewässerunterhaltung auch bei Übertragung auf die Ortsgemeinde von der Verbandsgemeinde als eigene Aufgabe wahrzunehmen sei. Eine entsprechende Auslegung des Begriffs "Gemeinde" im Sinne von § 63 Abs. 4 Satz 2 LWG sei auch nach dem wasserrechtlichen Zweck der Vorschrift als Ausfüllungsbestimmung zu § 29 WHG gerechtfertigt.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses, der sich in der Berufungsinstanz an dem Verfahren beteiligt, stellt keinen Antrag.

Er vertritt mit eingehenden Rechtsausführungen die Auffassung, die Übertragung der Unterhaltungslast auf eine Verbandsgemeinde sei nicht zulässig. Bereits aus dem Wortlaut des § 63 Abs. 4 S. 2 LWG ergebe sich, daß das Gesetz durch die Nichterwähnung der Verbandsgemeinden eine Übertragung auf diese bewusst habe ausschließen wollen, da in allen vergleichbaren Vorschriften die Verbandsgemeinden ausdrücklich erwähnt seien. Diese Auslegung werde bestätigt, wenn man der wohl herrschenden Auffassung zum Rechtscharakter der Verbandsgemeinden folge, wonach diese nicht einen besonderen Typ von Gemeinde darstellten, sondern lediglich als Gemeindeverbände anzusehen seien. Für die Auslegung spreche ferner die Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Gegen den Entwurf der Landesregierung, der verbandsfreie Gemeinden und Verbandsgemeinden als mögliche Verpflichtungsadressaten vorgesehen habe, hätten insbesondere die Verbandsgemeinden Einwände erhoben. Der daraufhin gefasste Änderungsvorschlag des federführenden Ausschusses für Landwirtschaft, Weinbau und Forsten, nur die "Ortsgemeinden" zu erwähnen, sei auf Empfehlung des Rechtsausschusses durch die allgemeine Bezeichnung "Gemeinden" ersetzt worden, um auch die Städte und verbandsfreien Gemeinden zu erfassen, aber nicht die Verbandsgemeinden, da diese nicht als Gemeinden im Sinne des Kommunalrechts anzusehen seien. Auch die Bestimmung des § 67 Abs. 1 Nr. 7 der Gemeindeordnung könne nicht zu einer anderen Auslegung führen, weil § 63 Abs. 4 S. 2 LWG als speziellere Vorschrift anzusehen sei, durch die eine Übertragung der Unterhaltungslast auf die Verbandsgemeinden habe ausgeschlossen werden sollen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und die Verwaltungs- und Widerspruchsakten des Beklagten (1 Heft) die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.

Gründe

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet.

Das Verwaltungsgericht hätte der Klage stattgeben müssen. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 01. Februar 1994 und der dazu ergangene Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Beklagten vom 26. August 1994 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Nach der für die rechtliche Beurteilung maßgebenden Vorschrift des § 63 Abs. 4 Satz 2 des Landeswassergesetzes - LWG - kann die Klägerin - als Verbandsgemeinde - nicht verpflichtet werden, die Unterhaltungslast für den "... Kanal" zu übernehmen.

Die Unterhaltungslast für den ... Kanal, der in Übereinstimmung mit den Parteien als künstliches fließendes Gewässer dritter Ordnung einzustufen ist (§ 3 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 S. 2, Abs. 4 S. 1 LWG), beurteilt sich nach § 63 Abs. 4 LWG. Satz 1 der Vorschrift enthält zunächst die allgemeine Regel, dass die Unterhaltung stehender und künstlicher fließender Gewässer den Eigentümern obliegt und, soweit diese sich nicht ermitteln lassen, den zur Nutzung der Ufergrundstücke Berechtigten. Danach sind für den ... Kanal grundsätzlich die Eigentümer der einzelnen Ufergrundstücke unterhaltungspflichtig, da diese nach § 4 Abs. 2 LWG zugleich die Gewässereigentümer sind. Daneben ist in § 63 Abs. 4 S. 2 LWG die Möglichkeit vorgesehen, im Einzelfall eine abweichende Regelung zu treffen. Dort ist nämlich bestimmt, dass die Gemeinden nach Anhörung durch die Untere Wasserbehörde (oder durch den Flurbereinigungsplan) verpflichtet werden können, künstliche fließende Gewässer in ihre Unterhaltung zu übernehmen. Danach können - in Einklang mit der rahmenrechtlichen Regelung des § 29 Abs. 1 S. 1 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) - anstelle der regelmäßig unterhaltungspflichtigen Gewässereigentümer bestimmte Gebietskörperschaften zur Übernahme der Unterhaltungslast verpflichtet werden. Dabei hat der Gesetzgeber ausdrücklich bestimmt, welche Körperschaften für eine solche Aufgabenübertragung in Betracht kommen können, nämlich "die Gemeinden". Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass die Klägerin - als Verbandsgemeinde - nicht zur Übernahme der Unterhaltungslast verpflichtet werden kann. Denn die Verbandsgemeinden können - wie der Vertreter des öffentlichen Interesses zutreffend dargelegt hat - nicht als "Gemeinden" im Sinne von § 63 Abs. 4 S. 2 LWG angesehen werden.

Da das Landeswassergesetz insoweit keine eigene Begriffsbestimmung enthält, ist zur Auslegung des § 63 Abs. 4 S. 2 LWG von dem allgemeinen kommunalrechtlichen Gemeindebegriff nach den Vorschriften der Gemeindeordnung - GemO - in der Fassung vom 31. Januar 1994 (GVBl. S. 153) auszugehen. Das führt in Bezug auf den Rechtscharakter der Verbandsgemeinden zu dem Ergebnis, dass diese wegen Fehlens wesentlicher Gemeindemerkmale nicht etwa als Gemeinden eigener Art, sondern nur als Gemeindeverbände anzusehen sind. Nach § 1 Abs. 2 GemO gehört es zum Wesen der Gemeinden, dass sie als Gebietskörperschaften in ihrem Gebiet unter eigener Verantwortung im Rahmen der Verfassung und der Gesetze allein Träger der gesamten örtlichen öffentlichen Verwaltung sind. Demgemäß können die Gemeinden nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GemO in ihrem Gebiet jede öffentliche Aufgabe der örtlichen Gemeinschaft übernehmen, soweit diese nicht durch Gesetz ausdrücklich anderen Stellen im dringenden öffentlichen Interesse ausschließlich zugewiesen sind (freie Selbstverwaltungsaufgaben). Diese Wesensmerkmale der Gemeinde entsprechen dem verfassungsrechtlich garantierten Recht zur gemeindlichen Selbstverwaltung (vgl. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG, Art. 49 Abs. 1 der Verfassung für Rheinland-Pfalz). Demgemäß sind die Gemeinden jeweils die kleinste, unterste gebietskörperschaftliche Zelle im Staatsaufbau (vgl. Gabler u.a. Kommentar zur GemO in Praxis der Gemeindeverwaltung B 1 RhPf, § 1 Erläuterung 1.1.1; ferner amtliche Begründung zu § 1 GemO, LT-Drucksache 7/1884). Unter Berücksichtigung dieser Wesensmerkmale können die Verbandsgemeinden nicht als Gemeinden im Sinne der Gemeindeordnung angesehen werden. Gemäß § 64 Abs. 1 Satz 1 GemO sind Verbandsgemeinden aus Gründen des Gemeinwohls gebildete Gebietskörperschaften, die aus benachbarten Gemeinden des gleichen Landkreises bestehen. Daraus ist zunächst zu folgern, dass die Verbandsgemeinden Gemeindeverbände sind, die aus weiterhin selbständigen Ortsgemeinden bestehen (ebenso VGH Rh-Pf AS 12, 239; Gabler u.a. a.a.O. § 64 Erläuterung 1.3; Hofmann u.a. Die Kommunalgesetze für Rheinland-Pfalz, § 64 GemO, Erläuterung 2). Andererseits ist nicht ersichtlich, dass die Verbandsgemeinden zugleich auch - neben den Ortsgemeinden - als eigene Gemeinden mit entsprechender Selbstverwaltungsgarantie angesehen werden könnten. Abgesehen davon, dass innerhalb des Gemeindeverbandes einer Verbandsgemeinde nur die einzelnen Ortsgemeinden die unterste Gebietskörperschaft darstellen, fehlt der Verbandsgemeinde auch die für Gemeinden typische verfassungsrechtlich garantierte Allzuständigkeit für den Bereich der örtlichen Verwaltung. In § 64 Abs. 1 S. 2 GemO ist zur Aufgabenverteilung zwischen Verbandsgemeinden einerseits und Ortsgemeinden andererseits bestimmt, daß die Verbandsgemeinden neben den Ortsgemeinden öffentliche Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft erfüllen, und zwar "im Rahmen der nachfolgenden Bestimmungen". Damit wird einerseits für die Wahrnehmung der gemeindetypischen örtlichen Aufgaben eine gewisse Funktionsteilung festgelegt zwischen Ortsgemeinden einerseits und dem Gemeindeverband der Verbandsgemeinde andererseits. Zugleich ist aber auch klargestellt, dass die Verbandsgemeinde nur im Rahmen der nachfolgenden Bestimmungen, nämlich der §§ 67 und 68 GemO, zur Wahrnehmung von Aufgaben der örtlichen Verwaltung berechtigt ist, während im Übrigen nach dem Verfassungsgrundsatz der gemeindlichen Allzuständigkeit nur die Ortsgemeinden für die Wahrnehmung der örtlichen Aufgaben zuständig sind (vgl. amtliche Begründung zu § 64 GemO, LT-Drucksache 7/1884; Hofmann u.a. a.a.O.). Nach diesen gemeinderechtlichen Regelungen sind die Verbandsgemeinden keine Gemeinden, sondern lediglich Gemeindeverbände. Die Rechtsstellung einer Gemeinde im kommunalrechtlichen Sinn kommt für den Bereich einer Verbandsgemeinde nur den verbandsangehörigen Ortsgemeinden zu, im Übrigen den verbandsfreien Gemeinden und den kreisfreien Städten.

Von diesem allgemeinen kommunalrechtlichen Gemeindebegriff ist auch bei der Anwendung des § 63 Abs. 3 S. 2 LWG auszugehen. Für eine abweichende Auslegung dahingehend, dass auch die Verbandsgemeinden als Gemeinden im Sinne der genannten Vorschrift zu verstehen seien, besteht entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts und des Beklagten kein Anlass. Unter Berücksichtigung der sonstigen Vorschriften des Landeswassergesetzes, in denen die Trägerschaft für wasserrechtliche Aufgaben bestimmten Gebietskörperschaften zugewiesen wird, ist vielmehr davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die Übertragungsmöglichkeit nach § 63 Abs. 4 S. 2 auf die Gemeinden im kommunalrechtlichen Sinn beschränkt und damit die Verbandsgemeinden eindeutig ausgeklammert hat. In Bezug auf die Gewässerunterhaltung ist in § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LWG bestimmt, dass die Unterhaltung natürlicher fließender Gewässer bei Gewässern dritter Ordnung den kreisfreien Städten, verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden obliegt. Insoweit werden neben verschiedenen gemeindlichen Gebietskörperschaften ausdrücklich auch die Verbandsgemeinden als Träger der Unterhaltungslast genannt. Desgleichen wird die nach § 29 Abs. 2 WHG durch Gebietskörperschaften oder entsprechende Verbände sicherzustellende Aufgabe, bei nicht ordnungsgemäßer Gewässerunterhaltung die notwendigen Unterhaltungsarbeiten durchzuführen, in § 67 LWG für Gewässer dritter Ordnung den kreisfreien Städten, verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden zugewiesen. Auch für anderweitige Aufgaben sind jeweils die Verbandsgemeinden neben den kreisfreien Städten und verbandsfreien Gemeinden ausdrücklich als Aufgabenträger bezeichnet, nämlich für die Wasserversorgung (§ 46 Abs. 1 S. 1 LWG), die Abwasserbeseitigung (§ 52 Abs. 1 S. 1 LWG), den Hochwasserschutz (§ 84 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 LWG) und die Wasserwehr (§ 91 Abs. 1 S. 1 LWG). Abweichend von all diesen Vorschriften, die eine generelle Aufgabenzuweisung zum Inhalt haben, hat der Gesetzgeber in § 63 Abs. 4 S. 2 LWG für die dort geregelte Möglichkeit, im Einzelfall eine vom Grundsatz des Abs. 4 S. 1 abweichende Regelung zu treffen und anstelle der Gewässereigentümer eine Gebietskörperschaft zur Übernahme der Unterhaltungslast zu verpflichten, bei der Festlegung der für eine Aufgabenübernahme in Betracht kommenden Gebietskörperschaften die Verbandsgemeinden nicht gesondert erwähnt, sondern insoweit die Sammelbezeichnung "die Gemeinden" gewählt. Daraus ist zu folgern, dass der Gesetzgeber die in § 63 Abs. 1 Nr. 3 LWG für die Unterhaltungslast von natürlichen fließenden Gewässern dritter Ordnung und ebenso in anderen vergleichbaren Vorschriften festgelegte Bezeichnung der gebietskörperschaftlichen Aufgabenträger (kreisfreie Städte, verbandsfreie Gemeinden und Verbandsgemeinden) nicht übernehmen, sondern insoweit eine abweichende Regelung treffen wollte. Wenn er dabei den kommunalrechtlichen Sammelbegriff "Gemeinden" gewählt hat, ist damit eine rechtlich eindeutige Regelung getroffen worden, die - abweichend von der Festlegung in § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LWG - neben den kreisfreien Städten und verbandsfreien Gemeinden nicht die Verbandsgemeinden, sondern statt dessen die Ortsgemeinden erfaßt. Von daher besteht für eine ergänzende Auslegung kein Anlass.

Die Auffassung, dass § 63 Abs. 4 Satz 2 LWG entsprechend seinem insoweit eindeutigen Wortlaut nur die Gemeinden im kommunalrechtlichen Sinn erfasst und damit die Verbandsgemeinden von der Übertragungsmöglichkeit ausschließt, wird bestätigt durch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift, wie sie der Vertreter des öffentlichen Interesses in seiner Stellungnahme vom 18. Mai 1995 im einzelnen dargelegt hat. Nach dem Regierungsentwurf war vorgesehen, daß die verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden zur Übernahme der Unterhaltungslast verpflichtet werden können (vgl. LT-Drucksache 9/2225, § 64 Abs. 3 S. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 1 Nr. 3 des Entwurfs). Im Hinblick auf Einwendungen, die der Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz in der parlamentarischen Anhörung vorgetragen hatte, hat der federführende Ausschuß für Landwirtschaft, Weinbau und Forsten zunächst eine Änderung dahingehend vorgeschlagen, dass die "Ortsgemeinden" zur Übernahme verpflichtet werden können. Demgegenüber hat der Rechtsausschuss empfohlen, das Wort "Ortsgemeinden" durch das Wort "Gemeinden" zu ersetzen, um angesichts der Bedeutung der Vorschrift auch für die Flurbereinigungsverfahren auch die Städte und verbandsfreien Gemeinden in die Regelung einzubeziehen, andererseits aber auch entsprechend der Empfehlung des federführenden Ausschusses die Verbandsgemeinden von der Übertragungsmöglichkeit auszunehmen, da diese nicht als Gemeinden im Sinne des Kommunalrechts anzusehen seien. Daraus wird deutlich, dass der Gesetzgeber die in § 63 Abs. 4 S. 2 LWG vorgesehene Übertragungsmöglichkeit bewusst auf die Gemeinden im kommunalrechtlichen Sinn beschränken wollte. Auch insofern ist eine über den Wortlaut hinausgehende ergänzende Auslegung nicht gerechtfertigt.

Demgegenüber kann auch die kommunalrechtliche Regelung des § 67 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 GemO nicht zu einer anderen Beurteilung führen. Dort ist - zur Konkretisierung der in § 64 Abs. 1 S. 2 GemO vorgesehenen Aufteilung der örtlichen Aufgaben zwischen Verbandsgemeinde und Ortsgemeinden - allerdings bestimmt, daß die Verbandsgemeinde anstelle der Ortsgemeinden bestimmte Selbstverwaltungsaufgaben wahrnimmt, zu denen u.a. nach Nr. 7 der Vorschrift der Ausbau und die Unterhaltung von Gewässern dritter Ordnung gehören. Aus dieser allgemein festgelegten Aufgabenverteilung zwischen Verbandsgemeinde und Ortsgemeinden kann nicht ohne weiteres gefolgert werden, dass bei der in § 63 Abs. 4 Satz 2 LWG für den Einzelfall vorgesehenen Übertragungsmöglichkeit anstelle der nach dem Wortlaut der Vorschrift in Betracht kommenden Ortsgemeinde auf jeden Fall auch die Verbandsgemeinde als möglicher Träger der Unterhaltungslast für künstliche fließende Gewässer in Anspruch genommen werden dürfe. Dabei ist - wie der Vertreter des öffentlichen Interesses in seiner Stellungnahme zu Recht hervorgehoben hat - vor allem zu berücksichtigen, dass die Vorschrift des § 63 Abs. 4 Satz 2 LWG, die mit der ursprünglichen Fassung des Gesetzes vom 04. März 1983 (GVBl. S. 31) seit dem 01. Juni 1983 in Kraft ist (vgl. § 137 Abs. 1 LWG), gegenüber der älteren Bestimmung des § 67 Abs. 1 GemO, die nach der ursprünglichen Fassung des Gesetzes vom 14. Dezember 1973 (GVBl. S. 419) bereits seit dem 17. März 1974 gilt (vgl. § 133 S. 1 GemO), als das speziellere Gesetz anzusehen ist. Wenn aber durch die spezielle Regelung des § 63 Abs. 4 S. 2 LWG die Übertragungsmöglichkeit auf die Verbandsgemeinde eindeutig ausgeschlossen worden ist, kann aus der allgemeinen Vorschrift des § 67 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 GemO nicht eine weitergehende Regelungsbefugnis zu Lasten der Verbandsgemeinde hergeleitet werden.

Im Übrigen ist zum Verhältnis von § 67 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 GemO einerseits und § 63 Abs. 4 S. 2 LWG andererseits auf folgendes hinzuweisen: Nach § 67 Abs. 1 S. 1 GemO hat die Verbandsgemeinde anstelle der Ortsgemeinden bestimmte Selbstverwaltungsaufgaben wahrzunehmen. Dazu gehören nach § 2 Abs. 1 S. 2 GemO als Pflichtaufgaben der Selbstverwaltung diejenigen Aufgaben, die den Gemeinden durch Gesetz als solche übertragen worden sind. Diesen kommunalrechtlichen Regelungen zur Aufgabenverteilung zwischen den Ortsgemeinden und der Verbandsgemeinde hat der Gesetzgeber bei Erlass des neuen Landeswassergesetzes von 1983 in der Weise Rechnung getragen, dass die Unterhaltung von Gewässern dritter Ordnung, soweit es sich um natürliche fließende Gewässer handelt, nach § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 LWG nunmehr ausdrücklich den Verbandsgemeinden übertragen worden ist, und zwar als Pflichtaufgabe der Selbstverwaltung, wie in Satz 2 der Vorschrift ausdrücklich bestimmt ist. Demgegenüber enthält § 63 Abs. 4 S. 2 LWG lediglich eine Ermächtigung, im Einzelfall eine von S. 1 der Vorschrift abweichende Regelung zu treffen und die Gemeinden zu verpflichten, die Unterhaltungslast für künstliche fließende Gewässer anstelle der Gewässereigentümer zu übernehmen. Soweit von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, kann die damit der Gemeinde zugewiesene Aufgabe nicht als Selbstverwaltungsaufgabe im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 2 GemO angesehen werden, weil sie weder "als solche" noch "durch Gesetz" übertragen worden ist. Insofern besteht zwischen der allgemeinen Regelung des § 67 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 GemO und der speziellen Vorschrift des § 63 Abs. 4 S. 2 LWG kein Widerspruch. Insbesondere kann aus § 67 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 GemO nicht hergeleitet werden, daß für den Fall der Inanspruchnahme einer Ortsgemeinde nach § 63 Abs. 4 S. 2 LWG im Ergebnis die Verbandsgemeinde anstelle der im Einzelfall verpflichteten Ortsgemeinde die Unterhaltungsaufgaben wahrzunehmen hätte. Denn die nach § 63 Abs. 4 LWG zu übernehmende Aufgabe ist keine Selbstverwaltungsaufgabe im Sinne von § 67 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 2 GemO.

Für eine ergänzende Auslegung des § 63 Abs. 4 S. 2 LWG dahingehend, dass auch die Verbandsgemeinden als "Gemeinden" im Sinne dieser Vorschrift anzusehen seien, gibt schließlich auch der Hinweis des Beklagten auf die Begriffsbestimmung in § 1 Abs. 1 S. 1 des Landesabwasserabgabengesetzes - LAbwAG - vom 22. Dezember 1980 (GVBl. S. 258) keinen Anlass. Dort werden durch besondere Legaldefinition die abgabepflichtigen Gebietskörperschaften, nämlich die kreisfreien Städte, die verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden, unter dem Sammelbegriff "Gemeinden" zusammengefaßt. Diese spezielle Begriffsbestimmung kann jedoch für andere Gesetze nicht maßgebend sein, zumal sie die Ortsgemeinden, die nach kommunalrechtlicher Begriffsbestimmung auf jeden Fall zu den Gemeinden gehören, nicht erfasst. Soweit in verschiedenen, vom Verwaltungsgericht und vom Beklagten zitierten Kommentaren zum Landeswassergesetz ebenfalls die Auffassung vertreten wird, dass auch die Verbandsgemeinden als Gemeinden im Sinne von § 63 Abs. 4 S. 2 LWG anzusehen seien (vgl. Himmel, Kommentar zum LWG und WHG, § 63 LWG Rdnr. 43; Beile, Kommentar zum LWG in Praxis der Gemeindeverwaltung L 11 Rh-Pf § 63 Erläuterung 2.4), ergibt sich daraus mangels näherer Begründung kein stichhaltiger Grund, der eine solche Auslegung rechtfertigen könnte.

Für die Anwendung des § 63 Abs. 4 S. 2 LWG ist davon auszugehen, dass nur die Gemeinden im kommunalrechtlichen Sinn zur Übernahme der Unterhaltungslast für künstliche fließende Gewässer verpflichtet werden können, nämlich die kreisfreien Städte, die verbandsfreien Gemeinden und die Ortsgemeinden, nicht dagegen die Verbandsgemeinden. Danach muss im vorliegenden Fall die Klage Erfolg haben, weil die Klägerin als Verbandsgemeinde nicht verpflichtet werden kann, das künstliche fließende Gewässer des ... Kanals in ihre Unterhaltung zu übernehmen. Die weitere Frage, ob es im Rahmen sachgerechter Ermessensausübung gerechtfertigt wäre, von der in § 63 Abs. 4 S. 2 LWG vorgesehenen Übertragsmöglichkeit Gebrauch zu machen, bedarf keiner näheren Erörterung.

Nach alledem ist die Berufung der Klägerin begründet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.