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Duldung einer Wasserversorgungsleitung unter privatem Grundstück

BayVGH, Urteil vom 25.07.2007 - Az.: 4 BV 06.3308

Leitsätze:

Ein sonstiger Vorteil im Sinne von Art. 24 Abs. 2 Satz 3 Alternative 3 GO, der den Eigentümer zur Duldung einer Leitung zur örtlichen Wasserversorgung auf seinem Grundstück verpflichtet, liegt nicht bereits dann vor, wenn das Grundstück durch die Wasserversorgungseinrichtung erschlossen wird. Erforderlich ist vielmehr mit Blick auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG, dass ein tatsächlicher Anschluss in absehbarer Zeit konkret zu erwarten ist. (amtlicher Leitsatz)

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Volltext

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung des Klägers, die Verlegung einer Wasserversorgungsleitung und einer Notleitung auf seinem Grundstück zu dulden. Der Beklagte betreibt für das Gebiet der Stadt Creußen und der Gemeinde Prebitz (mit Ausnahme einiger Ortsteile) eine öffentliche Einrichtung zur Wasserversorgung. Im Zuge der Ortsnetzerneuerung für den Ortsteil Engelmannsreuth der Gemeinde Prebitz be- absichtigt der Beklagte, die Hinterliegergrundstücke FlNrn. ... und ... durch eine Leitung über das dem Kläger gehörende Grundstück FlNr. ... der Gemarkung Prebitz zu verlegen. Das Grundstück ist mit einer Garage bebaut; im Grundstück ist bereits ein gemeindlicher Kanal verlegt, der durch eine Dienstbarkeit dinglich gesichert ist. Gegenüber dem genannten Grundstück liegt, getrennt durch die Straße ..., das Grundstück FlNr. ..., das im Miteigentum des Klägers steht und mit einem Wohnhaus bebaut ist.

Seit Mai 2004 verhandelten der Kläger und der Beklagte über die Inanspruchnahme des Grundstücks; eine Einigung über die Bestellung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit kam nicht zustande.

Am 14. September 2004 beschloss die Verbandsversammlung ein Zwangsbelastungsverfahren nach den Vorschriften des Gesetzes über die entschädigungspflichtige Enteignung sowie eine vorzeitige Besitzeinweisung beim Landratsamt Bayreuth zu beantragen. Der entsprechende Antrag wurde am 30. September 2004 gestellt.

Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 18. Oktober 2004 verpflichtete der Beklagte den Kläger nach § 14 seiner Wasserabgabesatzung (WAS), die Einlegung einer Wasserversorgungsleitung in seinem Grundstück FlNr. ... mit einem Durchmesser DN 50 mm und mit einer Leitungslänge von 10 m zu dulden und alles zu unterlassen, was deren Bestand und Betrieb gefährden könnte. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 300 Euro angedroht. Die Voraussetzungen für die Duldungsverpflichtung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 WAS lägen vor, da andere Möglichkeiten zur Versorgung der Hinterliegergrundstücke vernünftigerweise nicht in Erwägung zu ziehen seien. Aus wirtschaftlicher Sicht seien Alternativmöglichkeiten nicht vertretbar. Der Kläger werde durch Verlegung der Wasserleitung auch nur gering beeinträchtigt, da diese Leitung im Abstand von 1 m parallel zum dinglich gesicherten gemeindlichen Kanal in dessen Schutzstreifen verlegt werde. Da der Kläger Nutznießer der Wasserversorgungseinrichtung sei, habe er die Verlegung entschädigungslos und ohne Dienstbarkeit hinzunehmen.

Am 20. Oktober 2004 erhob der Kläger Widerspruch.

In ihrer Sitzung vom 7. Dezember 2004 bevollmächtigte die Zwecksverbandsversammlung den Verbandsvorsitzenden, alle notwendigen Schritte und Maßnahmen einzuleiten und durchführen zu lassen, die erforderlich sind, um die Versorgungsleitung bis zu den Hinterliegergrundstücken zu verlängern. Das bisherige Vorgehen des Zweckverbandsvorsitzenden wurde ausdrücklich gebilligt und genehmigt.

Mit Beschluss vom 16. November 2004 stellte das Verwaltungsgericht Bayreuth die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wieder her.

Mit einem weiteren für sofort vollziehbar erklärten Bescheid vom 21. Dezember 2004 wurde der Kläger verpflichtet, die Einlegung einer Notwasserversorgungsleitung des Beklagten, Durchmesser DN 50 mm, mit einer Leitungslänge von 10 m, sowie die anfallenden Unterhaltungs- und Kontrollarbeiten zu dulden und alles zu unterlassen, was den Bestand oder den Betrieb der Notversorgung gefährden könnte (1). Die Inanspruchnahme des Grundstücks wurde bis zu einer endgültigen Regelung und Herstellung einer Wasserversorgungsleitung, von der aus die Grundstücke FlNr. ... und FlNr. ... der Gemarkung Prebitz mit Trinkwasser versorgt werden, befristet (2). Da die beiden bewohnten Anwesen mit Wasser versorgt werden müssten, müsse eine dauerhafte Wasserversorgung auch als Notversorgung sichergestellt werden. Diese Notversorgung könne nur durch das frostsichere Einbringen einer Notwasserversorgungsleitung sichergestellt werden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch und stellte zugleich beim Verwaltungsgericht Bayreuth einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO.

Am 4. und 5. Januar 2005 wurde die Notleitung im Grundstück des Klägers verlegt. Mit Beschluss vom 17. Februar 2005 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ab.

Jeweils mit Widerspruchsbescheid vom 8. November 2005 wies das Landratsamt Bayreuth die Widersprüche zurück. Die Voraussetzungen für die Duldungsverpflichtung lägen vor, denn die Verlegung der Wasserleitung sei für das Grundstück des Klägers wirtschaftlich vorteilhaft. Durch die Leitung werde das Grundstück, das bebaubar sei, baurechtlich erschlossen; sein Gebrauchswert und seine Nutzbarkeit würden erhöht und der Grundstückswert steige.

Am 9. Dezember 2005 erhob der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Bayreuth. Er machte im Wesentlichen geltend, der Bescheid vom 18. Oktober 2004 sei wegen fehlender Anhörung und Unzuständigkeit des Zweckverbandsvorsitzenden bereits aus formellen Gründen rechtswidrig. Auch lägen die materiellen Voraussetzungen für die Duldungsverpflichtung nicht vor, da allein die Möglichkeit, das Grundstück an die Wasserversorgungseinrichtung anzuschließen, kein konkreter gegenwärtiger Vorteil sei. Der Kläger beantragte die Aufhebung der angefochtenen Bescheide jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids sowie die hilfsweise Feststellung, dass der Bescheid des Beklagten vom 21. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. November 2005 rechtswidrig gewesen sei.

Mit Urteil vom 15. September 2006 hob das Verwaltungsgericht die angefochtenen Bescheide auf. Trotz der bereits vorgenommenen Verlegung der Notleitung habe sich der Bescheid vom 21. Dezember 2004 noch nicht erledigt, da dieser Bescheid noch Regelungswirkung entfalte, weil der Kläger auch verpflichtet worden sei, alles zu unterlassen, was den Bestand und den Betrieb der Notversorgung gefährden könne.

Der Bescheid vom 18. Oktober 2004 sei bereits aus formellen Gründen rechtswidrig. Der Zweckverbandsvorsitzende sei nicht im Vollzug eines Beschlusses der Zweckverbandsversammlung tätig geworden. Beim Erlass eines Duldungsbescheids handele es sich nicht um eine laufende Angelegenheit im Sinne der gesetzlichen Vorschriften. Der Verbandsvorsitzende habe in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass normalerweise nicht mit Duldungsverpflichtungen gearbeitet würde. Angesichts der seit Mai 2004 laufenden Verhandlungen habe auch keine dringliche Angelegenheit vorgelegen. Der Beschluss der Verbandsversammlung vom 7. Dezember 2004 habe die fehlende Zuständigkeit nicht heilen können. Beide Bescheide seien auch aus materiell-rechtlichen Gründen rechtswidrig, da die Voraussetzungen für eine Duldungsverpflichtung nicht vorlägen. Die Möglichkeit der Wasserversorgung sei für das klägerische Grundstück nicht wirtschaftlich vorteilhaft. Entgegen der Rechtsansicht der Widerspruchsbehörde komme es nicht auf einen abstrakten, sondern auf einen unmittelbaren, konkreten wirtschaftlichen Vorteil an. Dies folge schon aus dem der Duldungspflicht zugrunde liegenden Gedanken des Vorteilsausgleichs. Wegen des Eigentumschutzes müsse der Begriff des Vorteils eng ausgelegt werden; eine Duldungsverpflichtung bestehe nur dann, wenn unmittelbar mit der Belastung durch das Einlegen der Wasserleitung für das verpflichtete Grundstück ein Vorteil entstehe. Anders als im Beitragsrecht reiche ein bloß abstrakter Vorteil nicht aus.

Mit seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung strebt der Beklagte die Auf- hebung des erstinstanzlichen Urteils sowie die Abweisung der Klage an. Der Bescheid vom 18. Oktober 2004 habe vom Verbandsvorsitzenden erlassen werden dürfen, da eine laufende Angelegenheit vorgelegen habe. Bei einem Zweckverband zur Wasserversorgung gehörten die Wasserversorgung einzelner Anwesen und deren Sicherstellung zu den regelmäßig wiederkehrenden Angelegenheiten. Auch sei die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung der Hinterliegergrundstücke eine dringliche Angelegenheit. Unbeschadet dessen wäre der Bescheid durch den Beschluss der Verbands versammlung vom 7. Dezember 2004 geheilt. Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Duldungsbescheide lägen vor. Zum einen stehe das in Anspruch genommene Grundstück in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem durch die Wasserversorgung erschlossenen Wohngrundstück. Ferner sei bereits die Möglichkeit der Inanspruchnahme zur Bejahung eines wirtschaftlichen Vorteils ausreichend. Art. 24 Abs. 2 Satz 3 GO, auf dem die Wasserabgabesatzung basiere, stehe mit der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie in Einklang. Darüber hinaus enthalte die Wasserabgabesatzung in § 14 Abs. 3 und Abs. 4 weitere Regelungen zum Schutz des Eigentums.

Der Kläger tritt der Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils entgegen. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Behördenakten sowie auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht der Klage stattgegeben, da die Bescheide des Beklagten vom 18. Oktober 2004 und vom 21. Dezember 2004 sowie die Widerspruchsbescheide rechtswidrig sind und den Kläger in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 VwGO).

1. Der Umstand, dass der Verbandsvorsitzende den Bescheid vom 18. Oktober 2004 nicht im Vollzug eines ausdrücklichen Beschlusses der Verbandsversammlung erlassen hat, kann dessen Rechtswidrigkeit nicht begründen. Nach Art. 36 Abs. 2 KommZG vollzieht der Vorsitzende die Beschlüsse der Verbandsversammlung und erledigt in eigener Zuständigkeit alle Angelegenheiten, die nach der Gemeindeordnung kraft Gesetzes dem ersten Bürgermeister zukommen. Dies sind nach Art. 37 Abs. 1 Nr. 1 GO (u.a.) die laufenden Angelegenheiten, die für die Gemeinde keine grundsätzliche Bedeutung haben und keine erheblichen Verpflichtungen erwarten lassen. Danach ist die Zuständigkeit des Verbandsvorsitzenden insbesondere für immer wiederkehrende, alltägliche Geschäfte gegeben, also für üblicherweise anfallende Aufgaben. Ob die Zuständigkeit des Verbandsvorsitzenden aus originärem Recht gegeben ist, bemisst sich u.a. nach der Größe des Zweckverbandes und nach der Art der häufiger oder weniger häufiger anfallenden Aufgaben (Hölzl/Hien/Huber, Gemeindeordnung mit Verwaltungsgemeinschaftsordnung, Landkreisordnung und Bezirksordnung, Art. 37 Anm. II 1; Wittmann/Grasser, Gemeindeordnung Art. 37 Anm. 3; Schulz/Wachsmuth/Zwick, Kommunalverfassungsrecht Bayern, Art. 37 GO Anm. 2.1.1.1). Stellt man auf die Häufigkeit der anfallenden Aufgaben ab, so hat das Verwaltungsgericht zu Recht die fehlende Organkompetenz des Verbandsvorsitzenden für den Erlass der Duldungsanordnung beanstandet. Dieser hatte in der mündlichen Verhandlung erklärt, üblicherweise würde bei der notwendigen Inanspruchnahme privater Grundstücke zur Sicherstellung der Wasserversorgung eine einvernehmliche Lösung angestrebt und überwiegend tatsächlich auch erzielt; Duldungsbescheide würden nur selten erlassen. Auch wenn diese Aussage nicht durch Zahlenangaben untermauert worden ist, kommt doch hinreichend klar zum Ausdruck, dass es sich aus der Sicht des Zweckverbandes bei dem Erlass einer Duldungsanordnung nicht um eine Routineangelegenheit handelt. Dementsprechend war beim beklagten Zweckverband für Entscheidungen im Vollzug des § 14 Abs. 1 Satz 2 WAS die Zuständigkeit der Verbandsversammlung gegeben.

Gleichwohl ist der Bescheid nicht wegen dieses Mangels aufzuheben, da er geheilt worden ist. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats hat die Zuständigkeitsverteilung nach den kommunalrechtlichen Vorgaben auch rechtliche Bedeutung nach außen, d.h. ein Außenstehender kann sich darauf berufen, dass die ihn belastende Maßnahme ohne Mitwirkung des dafür zuständigen Organs erlassen worden und daher ihm gegenüber fehlerhaft sei (BayVGH vom 31.03.2003 VGH n.F. 56, 98/102 f unter Hinweis auf BayVGH vom 05.03.1957 VGH n.F. 10, 64/65 f). Der Mangel der fehlenden Organkompetenz ist als Verfahrensfehler nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 4 BayVwVfG einzustufen (BayVGH vom 31.03.2003, a.a.O., S. 103; Hölzl/Hien/Huber, Art. 38 GO Anm. 2 b; Wittmann/Grasser, Art. 29 RdNr. 25; Schulz/Wachsmuth/Zwick, Art. 38 GO Anm. 2.3; Prandl/Zimmermann/Büchner, Kommunalrecht in Bayern, Art. 37 GO Anm. 1; Bauer/Böhle/Masson/Samper, Bayer. Kommunalgesetze, Art. 38 GO RdNr. 6). Er kann demnach bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens geheilt werden (Art. 45 Abs. 2 BayVwVfG). Vorliegend ist der Verfahrensfehler geheilt worden, denn die Verbandsversammlung hat am 7. Dezember 2004 und damit noch vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens (Widerspruchsbescheid vom 8.11.2005) den Verbandsvorsitzenden ausdrücklich beauftragt und ermächtigt, alle notwendigen Schritte und Maßnahmen einzuleiten und durchführen zu lassen, um die Versorgungsleitung von der Ortsstraße ... bis zu den Grundstücken FlNrn. ... und ... Gemarkung Prebitz, zu verlängern. Das bisherige, der Verbandsversammlung bekannte Vorgehen des Zweckverbandsvorsitzenden wurde ausdrücklich gebilligt und genehmigt. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Verbandsversammlung bereits am 14. September 2004 beschlossen hatte, wegen der fehlenden Zustimmung des Klägers zur Verlegung der Wasserleitung in seinem Grundstück und mangels einer Alternativlösung eine Zwangsbelastung des Grundstücks nach den Vorschriften des Gesetzes über die entschädigungspflichtige Enteignung und eine vorzeitige Besitzeinweisung zu beantragen. Auch wenn sich dieser Beschluss ausdrücklich auf das Verfahren nach dem Enteignungsgesetz bezieht, worauf das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen hat, hat die Verbandsversammlung jedoch hinreichend klar zum Ausdruck gebracht, dass sie in jedem Fall die Notwendigkeit sah, gegen den Kläger zwangsweise vorzugehen; damit könnte auch implizit die Duldungsanordnung nach § 14 Abs. 1 WAS als dem gegenüber der Enteignung milderen Mittel umfasst sein (zum Verhältnis Enteignung/Duldungsanordnung s. BayVGH vom 07.06.1995 Az. 22 B 94.31: Enteignung gegenüber Duldungsanordnung subsidiär).

2. Die angefochtenen Bescheide sind allerdings mit materiellem Recht nicht vereinbar. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 der Satzung für die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung des Zweckverbands zur Wasserversorgung der Creußener Gruppe (Wasserabgabesatzung - WAS) vom 30. September 1994 hat der Grundstückseigentümer das Anbringen und Verlegen von Leitungen einschließlich Zubehör zur Zu- und Fortleitung von Wasser über sein im Versorgungsgebiet liegendes Grundstück sowie sonstige Schutzmaßnahmen unentgeltlich zuzulassen, soweit diese Maßnahmen für die örtliche Wasserversorgung erforderlich sind. Diese Pflicht trifft nach Satz 2 der Satzungsbestimmung nur Grundstücke, die an die Wasserversorgung angeschlossen oder anzuschließen sind, die vom Eigentümer in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einem angeschlossenen oder zum Anschluss vorgesehenen Grundstück genutzt werden oder für die die Möglichkeit der Wasserversorgung sonst wirtschaftlich vorteilhaft ist. Diese Voraussetzungen liegen mit Blick auf das in Anspruch genommene Grundstück des Klägers nicht vor.

2.1 § 14 Abs. 1 WAS beruht auf einer gültigen Ermächtigungsgrundlage. Nach Art. 22 Abs. 2 KommZG kann der Zweckverband anstelle der Verbandsmitglieder Satzungen und Verordnungen für das übertragene Aufgabengebiet erlassen. Nach Art. 24 Abs. 2 Satz 3 GO können Gemeinden in Satzungen, die aus Gründen des öffentlichen Wohls den Anschluss an die Wasserversorgung vorschreiben (Art. 24 Abs. 1 Nr. 2), regeln, dass Eigentümer das Anbringen und Verlegen örtlicher Leitungen für die Wasserversorgung auf ihrem Grundstück zu dulden haben, wenn dieses an die Einrichtung angeschlossen oder anzuschließen ist, in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Einrichtung benutzt wird oder wenn die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Einrichtung für das Grundstück sonst vorteilhaft ist. Art. 24 Abs. 2 Satz 3 GO wurde durch Gesetz vom 7. August 1992 (GVBl S. 306) eingefügt, um die landesrechtliche Regelung an § 8 Abs. 1 der Verordnung über die allgemeinen Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) anzupassen. Zugleich sollte nach dem Willen des Gesetzgebers mit dieser Regelung den Bedenken Rechnung getragen werden, die der erkennende Senat in früheren Entscheidungen geäußert hatte (LT-Drs. 12/6130 S. 11). Der Senat hatte wiederholt angezweifelt, dass Art. 23 und Art. 24 GO ausreichende Ermächtigungsgrundlage für eine durch Satzung festgelegte Duldungspflicht sein könnten und hatte in der entschädigungslosen Pflicht zur Duldung einen Verstoß gegen die Eigentumsgarantie gesehen (BayVGH vom 15.1.1992, BayVBl 1993, 53/54; vom 20.9.1994 BayVBl 1995, 54).

Art. 24 Abs. 2 Satz 3 GO ist mit Art. 14 GG vereinbar. Die Vorschrift zielt nicht auf einen völligen oder teilweisen Entzug des Eigentums ab, sondern auf eine allgemeine, im öffentlichen Interesse liegende unentgeltliche Duldungspflicht im Sinne einer Nutzungseinschränkung. Eine derartige Duldungspflicht, die auch in anderen Gesetzen zur Sicherung von Einrichtungen der Daseinsvorsorge normiert ist (vgl. § 8 AVBEltV, AVBGasV, AVBWasserV), ist eine Ausprägung der verfassungsrechtlichen Sozialbindung des Eigentums und stellt eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums i.S. von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar (BVerfG vom 26.08.2002 – 1 BvR 42/02 [juris] Tz 29 zu Telekommunikationsleitungen; BVerwG vom 16.02.2007 NVwZ 2007, 707; BGH vom 11.03.1992 - VIII ZR 219/91 [juris] Tz. 16; BayVGH vom 15.07.1994 - 22 B 88.646 - BayVBl 1995, 52/56; vom 28.07.1994 - 23 B 93.3111; Koehl, BayVBl 1996 685/686; a.A. Kraft, BayVBl 1994, 97/105). Die Vorschrift beruht auf einer Abwägung des Gesetzgebers zwischen den schutzwürdigen Interessen des Grundstückseigentümers und dem als besonders hoch einzustufenden öffentlichen Interesse an der Wasserversorgung (vgl. LT-Drs. 12/6130 S. 11; BVerwG vom 16.02.2007, a.a.O., S. 707). Sie trägt mit ihren tatbestandlichen Einschränkungen der Erwägung Rechnung, dass der Grundstückseigentümer, der seinerseits an den Vorteilen der öffentlichen Wasserversorgung teilnimmt oder teilnehmen will, auch zur kostengünstigen und leistungsfähigen Schaffung oder Aufrechterhaltung der öffentlichen Wasserversorgung beitragen muss. Der Bundesgerichtshof weist in diesem Zusammenhang zu Recht auf den Gesichtspunkt der Solidargemeinschaft hin. "Alle in dem Versorgungsgebiet liegenden Grundstücke, die unter §§ 8 Abs. 1 Satz 2 AVBV fallen, sind demgemäß in die Sozialbindung des Eigentums dergestalt einbezogen, dass auf ihnen zugunsten des Gemeinwohls eine allgemeine Pflichtigkeit lastet, durch die das freie Nutzungs- und Verfügungsrecht der Eigentümer (§ 903 BGB) im Interesse einer leistungsfähigen und kostengünstigen öffentlichen Versorgung eingeschränkt wird" (BGH vom 11.03.1992, a.a.O., Tz. 17). Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hat der Gesetzgeber durch die weitere Regelung Rechnung getragen, dass die Duldungspflicht entfällt, wenn die Inanspruchnahme des Grundstücks Eigentümer mehr als notwendig oder in unzumutbarer Weise belasten würde.

2.2 Die Voraussetzungen für eine vom Kläger hinzunehmende Verlegung der Wasserleitung zur Erschließung der Hinterliegergrundstücke liegen indes nicht vor.

Zwar ist der Anwendungsbereich des § 14 Abs. 1 WAS eröffnet, da das Grundstück des Klägers ebenso wie die Hinterliegergrundstücke zum Versorgungsgebiet des Beklagten zählen und die zu verlegende Wasserversorgungsleitung Bestandteil der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung ist. Auch spricht einiges dafür, dass nach § 14 Abs. 1 Satz 1 WAS die Inanspruchnahme des klägerischen Grundstücks für die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung erforderlich ist, da der Verlauf der bisherigen Wasserleitung zur Versorgung der Hinterliegergrundstücke über die Grundstücke FlNr. ... und FlNr. ... weder dinglich noch schuldrechtlich gesichert ist. Diese Frage bedarf indes keiner weiteren Vertiefung, da jedenfalls keine der Voraussetzungen nach § 14 Abs. 1 Satz 2 WAS vorliegt.

Unstreitig ist das nur mit einer Garage bebaute Grundstück FlNr. ... nicht an die Wasserversorgung angeschlossen, auch ist es zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht anzuschließen, da für dieses Grundstück aktuell kein Wasserbedarf besteht. Ebenso wenig wird das in Anspruch genommene Grundstück vom Kläger in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einem angeschlossenen oder zum Anschluss vorgesehenen Grundstück genutzt. Bei verschiedenen Grundstücken ist ein wirtschafticher Zusammenhang nur anzunehmen, wenn die fraglichen Grundstücke nur einheitlich an die Wasserversorgungseinrichtung anzuschließen sind. Nach ständiger Rechtsprechung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs ist ein ausreichender Grund für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit nur dann gegeben, wenn wegen rechtlich verbindlicher planerischer Vorstellungen oder tatsächlicher Verhältnisse mehrere Grundstücke desselben Eigentümers etwa wegen ihrer geringen Größe nicht jeweils für sich, sondern nur in ihrem Zusammenhang baulich genutzt werden können und deshalb nur einen Anschluss benötigen (BayVGH vom 18.06.2001 - 23 ZS 01.929 m.w.N.). Dass diese Voraussetzungen in Bezug auf die Grundstücke FlNr. ... und FlNr. ... nicht vorliegen (Trennung durch die Straße, nicht völlig idetische Eigentumsverhältnisse) ist offensichtlich.

Entgegen der Ansicht des Beklagten ist die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Wasserversorgungseinrichtung für das klägerische Grundstück auch nicht "sonst wirtschaftlich vorteilhaft" im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 Alternative 3 WAS. Das Verwaltungsgericht sieht diese Tatbestandsvoraussetzung zwar zu eng, wenn es einen unmittelbar aus der Einlegung der strittigen Wasserleitung resultierenden Vorteil für das belastete Grundstück verlangt; denn die Pflicht zur Duldung einer Leitung rechtfertigt sich (bereits) aus einem Vorteil durch die Einrichtung. Zu Recht hat es aber hervorgehoben, dass das bloße Erschlossensein des Grundstücks durch eine Versorgungsleitung (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1 WAS) und damit eventuell verbundene Wertsteigerungen - anders als nach dem Beitragsrecht - keinen beachtlichen Vorteil zu begründen vermögen. Vielmehr muss sich die durch die Erschließung vermittelte (abstrakte) Möglichkeit zur Inanspruchnahme der Wasserversorgungseinrichtung so verdichtet haben, dass ein tatsächlicher Anschluss des Grundstücks an die Einrichtung in absehbarer Zeit (konkret) zu erwarten ist, etwa weil der Grundstückseigentümer diese Absicht bereits eindeutig, beispielsweise in einem Bauantrag, zum Ausdruck gebracht hat. Das ergibt sich aus dem Wortlaut und der Systematik der Vorschrift: Wenn der Normgeber die Duldungspflicht in den ersten beiden Alternativen des § 14 Abs. 1 Satz 2 WAS (Art. 24 Abs. 2 Satz 3 GO) auf tatsächlich angeschlossene oder - bereits jetzt - anzuschließende (ggf. als wirtschaftliche Einheit genutzte) Grundstücke erstreckt, knüpft er mit der nachfolgenden Formulierung "sonst wirtschaftlich vorteilhaft" bereits sprachlich an einen vergleichbaren konkreten Nutzen aus einem zumindest absehbaren künftigen Anschluss an die Wasserversorgung an. Hätte er auf den bloßen Erschließungsvorteil abstellen wollen, so hätte er entsprechend der üblichen Regelungstechnik auf das Anschluss- und Benutzungsrecht oder das Erschlossensein abgestellt (vgl. § 4 Abs. 2 WAS) und dies sinnvollerweise als den Regelfall an erster Stelle normiert. Dieses enge Verständnis des Vorteilsbegriffs trägt im Übrigen den Schranken Rechnung, die der Duldungspflicht durch die in Art. 14 GG verankerte Eigentumsgarantie gezogen werden. Da der Grundstückseigentümer durch Art. 24 Abs. 2 Satz 3 GO und § 14 Abs. 1 Satz 1 WAS zur unentgeltlichen Duldung der Leitungsverlegung verpflichtet ist, muss dieser Belastung ein unmittelbarer und konkreter Vorteil aus der Wasserversorgungseinrichtung gegenüberstehen.

Ein "sonstiger wirtschaftlicher Vorteil" im Sinne dieser Auslegung ist weder in der Duldungsanordnung dargelegt noch sonst ersichtlich. Die streitgegenständlichen Bescheide verletzen daher den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO), so dass die Berufung zurückzuweisen war.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; ihre vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.