Datenbank zur Rechtsprechung im Kommunalrecht

Jagdsteuer für Eigenjagden Privater zulässig

BVerfG, Beschluss vom 10.08.1989 - Az.: 2 BvR 1532/88

Leitsätze:

1. Eine Jagdsteuer, die auf die Ausübung des Jagdrechts im Gebiet eines Kreises erhoben wird, ist eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG. (amtlicher Leitsatz)

2. Eine Differenzierung zwischen der Jagdausübung in einer Eigenjagd und der als Jagdpächter bei der Besteuerung ist nicht erforderlich. (amtlicher Leitsatz)

3. Es verstößt nicht gegen Art. 3 GG, wenn nicht verpachtete Jagdbezirke Privater besteuert werden, solche von Gebietskörperschaften aber steuerfrei sind. (amtlicher Leitsatz)

Kategorien:

Volltext

Gründe

Die Verfassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, denn die Heranziehung des Beschwerdeführers zur Jagdsteuer verletzt diesen nicht in seinen Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten.

1. Die vom Landkreis Ahrweiler erhobene Jagdsteuer ist eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG, die bundesgesetzlich geregelten Steuern nicht gleichartig ist.

Aufwandsteuern sind Steuern auf die in der Vermögens- oder Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende besondere Konsumfähigkeit des Steuerpflichtigen (vgl. BVerfGE 16, 64 [74]; 49, 343 [354]; 65, 325 [346 f.]). Aufwandsteuern sollen einen besonderen Aufwand, also eine über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehende Verwendung von Einkommen oder Vermögen erfassen. Ausschlaggebendes Merkmal ist der Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes, für den finanzielle Mittel verwendet werden. Die Besteuerung des Jagdrechts erfüllt diese Voraussetzungen. Die Jagdsteuern werden seit jeher übereinstimmend als traditioneller Fall einer Aufwandsteuer angesehen (vgl. u.a. Maunz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Art. 105 Anm. 49; Vogel/Walter, in: Bonner Kommentar, Zweitbearbeitung, Art. 106 Rdnr. 254; Fischer/Menshausen, in: v. Münch, Grundgesetzkommentar, 2. Aufl., Art. 105 Anm. 24; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, 1980, § 46 II 5 d, S. 1122; Tipke, Steuerrecht, 11. Aufl., 1987, S. 506; BVerwG, Urteil vom 13. Juni 1978, Buchholz 401.66 Nr. 2; Urteil vom 30. September 1986, Buchholz 401.66 Nr. 4; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 3. Oktober 1984, ZKF 1985, S. 181).

2. Die Jagdsteuer des Kreises Ahrweiler erfüllt die Kriterien einer Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG. Besteuert wird gemäß § 1 der Jagdsteuersatzung die Ausübung des Jagdrechts im Gebiet des Landkreises Ahrweiler. Die Ausübung des Jagdrechts erfordert in der Regel die Verwendung finanzieller Mittel, unabhängig davon, ob es sich um die Jagdausübung in einer verpachteten Jagd oder in einer Eigenjagd handelt. Der Jagdausübungsberechtigte muss nicht nur eine Jagd pachten oder zu Eigentum erwerben, sondern wendet auch finanzielle Mittel für die Ausübung der Jagd als solche auf. Die Ausübung des Jagdrechts setzt in der Regel auch einen besonderen Aufwand voraus, der über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgeht. Die Jagdsteuer des Kreises Ahrweiler ist eine örtliche Steuer, denn sie knüpft an die Jagdausübung im Kreis Ahrweiler und damit an einen Vorgang im Gebiet der steuererhebenden Körperschaft an. Es ist offenkundig, dass die Jagdsteuer nicht mit einer bundesrechtlich geregelten Steuer gleichartig ist.

3. Die Jagdsteuer des Kreises Ahrweiler verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.

a) Soweit der Beschwerdeführer rügt, dass zwischen Eigenjagd und Jagdpacht differenziert werden müsse, weil der Inhaber einer Eigenjagd keinen besonderen Aufwand treibe, und soweit er geltend macht, dass bei der Ermittlung des Jagdwertes nicht verpachteter Jagden zwischen privaten Eigenjagdbezirken und Jagdbezirken der Gebietskörperschaften differenziert werde, kann offenbleiben, ob der Beschwerdeführer diese Rügen als Jagdpächter zulässigerweise erheben kann, denn ein Verstoß gegen Art. 3 GG ist nicht ersichtlich.

Steuergegenstand ist die Ausübung des Jagdrechts. Diese erfordert einen Aufwand unabhängig davon, ob der Jagdausübungsberechtigte eine Eigenjagd erworben oder einen Jagdbezirk gepachtet hat. Es ist daher folgerichtig, in der Regel jeden, dem das Recht zur Ausübung der Jagd zusteht, steuerlich zu belasten. Andererseits ist es grundsätzlich zulässig, wenn der Gesetzgeber bei Aufwandsteuern, die an einen besonderen privaten Aufwand anknüpfen, zwischen Gebietskörperschaften und den übrigen Steuerschuldnern differenziert. Die Gebietskörperschaften sind grundsätzlich Steuergläubiger und unterscheiden sich damit rechtserheblich von den übrigen Steuerschuldnern. Es verstößt daher nicht gegen Art. 3 GG, wenn bei der Besteuerung der nicht verpachteten Jagden zwischen privaten Jagdbezirken und Jagdbezirken der Gebietskörperschaften differenziert wird.

b) Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, dass die Jagdausübung, nicht aber andere Freizeitaktivitäten, die einen besonderen Aufwand erfordern, besteuert würden, liegt kein Verstoß gegen Art. 3 GG vor. Bei der Erschließung von Steuerquellen hat der Gesetzgeber einen Gestaltungsspielraum. Hat der Gesetzgeber eine bestimmte Steuerquelle erschlossen, andere Steuerquellen dagegen nicht ausgeschöpft, so ist der allgemeine Gleichheitssatz nicht verletzt, wenn finanzpolitische oder steuertechnische, in Sonderfällen auch interventionspolitische Erwägungen die verschiedene Behandlung rechtfertigen. Das Bundesverfassungsgericht prüft in diesem Zusammenhang nur, ob der Gesetzgeber die äußersten Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten hat (BVerfGE 49, 343 [360 f.]; 65, 325 [354]).

Allein die Tatsache, dass verschiedene Tätigkeiten einen finanziellen Aufwand erfordern, verlangt nicht ihre gleichartige Behandlung durch den Gesetzgeber. Die verschiedenen Arten der Freizeitaktivitäten unterscheiden sich grundsätzlich in ihrer Betätigungsform. Wenn der Gesetzgeber sich in Anknüpfung an traditionelle Besteuerungsarten für die Besteuerung der Jagdausübung, nicht aber anderer Freizeitaktivitäten entscheidet, verstößt er nicht gegen Art. 3 GG. Die Ausübung des Jagdrechts wird seit jeher besteuert, weil sie in der Regel die Verwendung finanzieller Mittel über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinaus erfordert. Auch heute noch ist die Jagdausübung durch einen besonderen Aufwand gekennzeichnet, der über dem Aufwand der meisten übrigen Freizeitbetätigungen liegt. Der Gesetzgeber hat im Rahmen von Art. 3 GG nicht deshalb die Grenzen seiner gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit überschritten, weil im Einzelfall auch andere Freizeitaktivitäten einen erhöhten finanziellen Aufwand erfordern. Die traditionelle Besteuerung eines besonderen Aufwandes darf ohne Verstoß gegen Art. 3 GG jedenfalls so lange aufrechterhalten werden, als sich nicht ein entsprechender Aufwand bei der Mehrzahl der übrigen Freizeitaktivitäten für eine Besteuerung aufdrängt.

Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, dass die Ausübung des Fischereirechts eine der Ausübung des Jagdrechts vergleichbare Betätigungsform sei, liegt ebenfalls kein Verstoß gegen Art. 3 GG vor, denn der Gesetzgeber hat die Besteuerung der Ausübung des Fischereirechts mit sachlich einleuchtender Begründung aufgehoben. Die Abschaffung der Steuer auf die Ausübung des Fischereirechts ist mit dem erheblichen Rückgang des Fischbestandes in den Fließgewässern des Landes, der nur durch erheblichen finanziellen Aufwand der Fischereipächter zum Teil noch aufgefangen werden kann, gerechtfertigt worden (vgl. Begründung zu § 3 Nr. 1 des Gesetzes zur Einführung der Gemeindeordnung, Landkreisordnung und Bezirksordnung des Landes Rheinland-Pfalz, LT-Drucks. 7/1887 vom 7. Juni 1973, S. 8).

4. Dass der Beschwerdeführer im übrigen durch die Heranziehung zur Jagdsteuer in seinen Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten verletzt wird, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.