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Spendenversprechen eines Bürgermeisterkandidaten

VG Dresden, Urteil vom 09.09.2009 - Az.: 4 K 1713/08

Leitsätze:

1. Es spricht nichts dagegen, dass ein Bürgermeister im Wahlkampf um seine Wiederwahl unter seiner Amtsbezeichnung auftritt und ein allgemein für die Verwendung durch Bürger freigegebenes Logo der Stadt benutzt. (Leitsatz des Herausgebers)

2. Das Wahlversprechen, im Falle einer Wiederwahl für jede erhaltene Stimme 1,- EUR für die Vereine der Stadt zu spenden, verstößt gegen den Grundsatz der Freiheit der Wahl. Es stellt eine gesetzwidrige und damit unzulässige Wahlbeeinflussung dar. (amtlicher Leitsatz)

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Volltext

Tenor

Der Bescheid des Beklagten vom 17.9.2008 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, die Oberbürgermeisterwahl in Bischofswerda vom 8.6.2008 für ungültig zu erklären.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Tatbestand

Der Kläger ficht die Wahl des Beigeladenen zum Oberbürgermeister der Großen Kreisstadt Bischofswerda an.

Bei der am 8.6.2008 durchgeführten Wahl stellten sich insgesamt 5 Bewerber zur Wahl. Es wurden 5273 gültige Stimmen abgeben, von denen auf den Beigeladenen als Kandidaten der CDU und bisherigen Amtsinhaber 2665 Stimmen (50,5 %), auf den Kandidaten der Bürger für Bischofswerda 965 (18,3 %), auf den Bewerber der FDP 948 (18,0 %), auf den Bewerber der Partei Die Linke 450 (8,5 %) und auf den Kläger 245 Stimmen (4,6 %) entfielen. Der Beigeladene, der der bisherige Amtsinhaber war, hatte mit den auf ihn entfallenden Stimmen 28 Stimmen mehr erzielt, als die Hälfte der gültigen Stimmen ausmachte (2637 Stimmen). Eine Neuwahl war danach nicht mehr erforderlich. Das Ergebnis der Wahl wurde am 14.6.2008 im Amtsblatt der Stadt Bischofswerda öffentlich bekanntgemacht.

Der Beigeladene hatte zuvor für seine Wiederwahl unter anderem auf mehreren Wahlflyern geworben, von denen einer der Bilanz der Wahlziele aus dem Jahr 2001 und ein zweiter seinen nächsten Entwicklungszielen gewidmet war. Beide Wahlflyer wurden in den Wochen vor der Wahl als Einlage zum wöchentlich erscheinenden Stadtkurier im Gemeindegebiet verteilt. Auf dem letzten Wahlflyer, dessen Rückseite, anders als die der Vorgänger, unbedruckt war und den der Beigeladene einige Tage vor der Wahl, am 4.6.2008, als Einlage zum Stadtkurier verteilen ließ sowie in das Internet einstellte, veröffentlichte er eine Anzeige mit folgendem Wortlaut:

"8. Juni 2008 – Angebot des Tages! Gehen Sie bitte zur Wahl! Nutzen Sie Ihr Wahlrecht, denn nur Ihre abgegebene Stimme zählt! Ich unterstütze mit konkreten Maßnahmen, deshalb spende ich bei WIEDERWAHL für jede erhaltene Stimme 1,- € für die Vereine unserer Stadt!"

Der Beigeladene verwendete bei der grafischen Gestaltung der verteilten Wahlflyer und seiner ins Internet eingestellten Anzeige wie auch auf seinen Wahlplakaten ein Teil des Logos der Stadt Bischofswerda und wählte für seine Wahlwerbemittel eine überwiegend blaue Farbgestaltung. Seine Wahlplakate trugen zudem die Bezeichnung "Oberbürgermeister". In den genannten Wahlmitteln verwendete der Beigeladene zudem jeweils den Begriff der "Wiederwahl".

Das offizielle Logo der Stadt Bischofswerda war durch Stadtratsbeschluss vom 30.5.2006 bestimmt worden. In diesem Beschluss empfahl der Stadtrat die Verwendung des Logos allen Unternehmen, Vereinen und Bürgern, die die Stadt nach außen repräsentieren wollen (Beschluss 140/18-06).

In Vorbereitung auf die Wahl genehmigte die Stadtverwaltung Bischofswerda jeder Partei und Gruppe für die stattfindenden Kommunalwahlen (Landrat, Kreistag, Oberbürgermeister) im gesamten Stadtgebiet jeweils 60 Wahlplakatstandorte im Format DIN A 1. Auf den hierzu eingelegten Widerspruch der SPD, Ortsverein Bischofswerda, vom 18.5.2008 erzielte man in einem Gespräch mit dem zuständigen Ordnungsamtsleiter Übereinstimmung dahingehend, dass die SPD in Absprache mit der Partei Bündnis 90/Die Grünen deren ungenutzte Wahlplakatstandorte mit übernehmen könne. Den Widerspruch sah man daraufhin übereinstimmend als erledigt an.

Mit Schreiben vom 13.6.2008 legten der Kläger und zwei weitere Personen Einspruch gegen die Wahl ein. Zur Begründung führten sie aus, die Aussage des Beigeladenen im Internet und auf den Wahlflyern sei eine gegen § 108b StGB verstoßende Wählerbestechung. Selbst wenn dem nicht so sei, handele es sich um eine unzulässige Wählerbeeinflussung. Den Beigeladenen sei auch aus anderen Gründen eine unzulässige Wählerbeeinflussung vorzuwerfen. Indem er seine Wahlplakate und Postwurfsendungen mit dem Wappen der Stadt Bischofswerda so gestaltet und verwendet habe, dass Wählern der Eindruck vermittelt worden sei, der Beigeladene werbe kraft seines Amtes als Oberbürgermeister für seine Wiederwahl, habe er den Eindruck eines amtlichen Wahlaufrufs entstehen lassen. Die Parteizugehörigkeit des Beigeladenen sei erst nach öffentlicher Kritik nachträglich auf die Wahlplakate aufgeklebt worden. Im Übrigen sei die Beschränkung auf 60 Wahlplakate durch die Beklagte unzulässig gewesen.

Gegen den Beigeladenen ermittelte die Staatsanwaltschaft nach einer Anzeige wegen des Verdachts der Wählerbestechung gem. § 108 b StGB. Das Ermittlungsverfahren wurde mit Verfügung vom 20.8.2008 eingestellt, weil man die zur Verwirklichung des § 108b StGB erforderliche Unrechtsvereinbarung nicht als gegeben ansah.

Mit Bescheid vom 17.9.2008 wies das Landratsamt Bautzen den Einspruch zurück und führte aus, die Wahlwerbung des Beigeladenen mit der auch im Internet veröffentlichten Wahlflyeraussage, erfülle nicht den Straftatbestand des § 108b StGB. Das hierzu geführte Ermittlungsverfahren gegen den Beigeladenen sei durch die Staatsanwaltschaft Bautzen eingestellt worden. Es handele sich bei dieser Äußerung auch nicht um eine qualifizierte Wählerbeeinflussung, die ihrer Natur nach geeignet sei, die Entscheidung des Wählers ernstlich zu beeinträchtigen. In der Gestaltung und Verwendung des Logos der Stadt Bischofswerda durch den Beigeladenen liege keine Verletzung des Neutralitätsgebots. Der Beigeladene habe nicht das Stadtwappen, sondern das Logo der Stadt verwendet. Dies sei nach dem Beschluss des Stadtrats allen Wahlbewerbern möglich gewesen. Der Umstand, dass sich auf den Wahlflyern kein Hinweis auf die Parteizugehörigkeit befunden habe, führe ebenfalls nicht zu einer unzulässigen Wählerbeeinflussung, da die Wahl des Oberbürgermeisters eine Personenwahl sei und im vorliegenden Fall der Parteiname auf den Plakaten vor ihrer Veröffentlichung angebracht worden sei. Die Plakatierungsplätze für die Wahlwerbung seien ermessensfehlerfrei an die Parteien verteilt worden. In der Stadt seien nur eine begrenzte Anzahl von möglichen Standorten vorhanden.

Der Kläger hat am 14.10.2008 Klage erhoben und greift zur Begründung sein Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren auf. Mit seinem Angebot an die ortsansässigen Vereine habe der Beigeladene die Willensbildung der Wähler in unzulässiger Weise beeinflusst. Er habe auf die politische Meinungsfindung der Wähler durch ein Wahlversprechen finanzieller Art Einfluss genommen. Dabei habe der Beigeladene darauf gesetzt, dass sein Zahlungsversprechen bei den Wählern ein Empfinden der Zugehörigkeit zu und der Solidarität mit dem eigenen Verein hervorrufe und dieser Effekt sich dann zu einer gefühlten Verpflichtung zur Stimmenabgabe verwirkliche. Im besten Fall sei der Wähler schlicht „gekauft“, im schlimmsten Fall in den Gewissenskonflikt gebracht worden, sich zwischen seiner politischen Überzeugung und dem zu entscheiden, was sein Verein von ihm aufgrund seiner Mitgliedschaft oder Position im Verein erwarte bzw. was seinem Verein objektiv spürbare Vorteile bringe. So habe sich der Sprecher des Innenministeriums unmittelbar nach Bekanntwerden des Sachverhalts eindeutig dahingehend geäußert, dass ein zur Anfechtung der Wahl berechtigender Wahlfehler vorliege. Dabei müsse die Schwelle zum Straftatbestand nicht überschritten werden. Ausreichend sei es, wenn gegen Wahlgrundsätze verstoßen worden sei. Darüber hinaus liege in dem Angebot des Beigeladenen ein Verstoß gegen § 108b Abs. 1 StGB. Denn die für eine strafrechtliche Verurteilung erforderliche Unrechtsvereinbarung bzw. das ausreichende Anstreben einer solchen liege vor. Der dafür erforderliche personale Bezug und mithin die Bestimmbarkeit der angesprochenen Wählergruppe sei gegeben. Die Staatsanwaltschaft habe übersehen, dass namentlich die Werbung im Internet als "Mein Angebot an Vereine" überschrieben sei. Damit richte sich die Wahlwerbung mittelbar an sämtliche Mitglieder der Vereine in der Stadt. In dem Angebot des Beigeladenen liege jedenfalls kein sozialadäquates Wahlversprechen mehr. Der Umstand, dass hiermit eine Gruppe von Personen angesprochen werde, ändere an der strafrechtlichen Beurteilung nichts. Selbst wenn der Straftatbestand durch den Beigeladenen nicht verwirklicht worden sei, liege eine Wählerbeeinflussung vor. Sowohl die Grundsätze der Freiheit als auch die Gleichheit der Wahl seien verletzt worden. Durch die vom Beigeladenen gewählte Gestaltung der Wahlflyer und der Wahlplakate sei ein amtlicher Charakter entstanden, indem er die Insignien seines Amtes, hier insbesondere das Stadtwappen eingesetzt habe und der Werbung durch die Heraushebung des Wortes „WIEDERWAHL“ eine offizielle Wirkung verliehen habe. Gerade die Verwendung des Stadtwappens durch den amtierenden Oberbürgermeister habe den offiziellen Charakter der Wahlwerbung mitbestimmt. Den Amtsinhaber treffe eine erhöhte Sorgfaltspflicht. Er müsse alles unterlassen, was dazu geeignet sei, die Wahlberechtigten über die Eigenschaft der Wahlwerbung als rein private Wahlwerbung zu täuschen und sie in unzulässiger Weise bei der Wahl zu beeinflussen. Auf den Flyern habe unstreitig jeder Parteibezug gefehlt. Auf den Wahlplakaten sei der nachträglich aufgebrachte CDU-Aufkleber nur bei nahem Herantreten an die Plakate, nicht aber für die Teilnehmer am Straßenverkehr erkennbar gewesen. Die Wahlplakate seien auch erst nachträglich mit dem Hinweis auf die CDU beklebt worden.

Die Anzahl der Wahlplakate sei willkürlich begrenzt worden. Schon der Ausgangspunkt der Beklagten, auf die stark beschränkte Anzahl der für die Plakatierung verfügbaren Standorte abzuheben, sei falsch. Es sei nicht nachvollziehbar, warum Wahlwerbung nur an Straßenlaternen hängen dürfe. Auch sei bei der Berechnung der Standorte nur davon ausgegangen worden, dass pro Laterne ein Wahlplakat trage. Die Berechnung habe ergeben, dass 127 Standorte zu genehmigen gewesen wären.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 17.9.2008 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, das Ergebnis der Oberbürgermeisterwahl in Bischofswerda vom 8.6.2008 für ungültig zu erklären,

hilfsweise,

für den Fall, dass die Wahlanfechtung nur deshalb nicht erfolgreich ist, weil die geltend gemachten Mängel keinen Einfluss auf das Wahlergebnis hatten, den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger die Auslagen im vorgerichtlichen Einspruchsverfahren zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist zur Klageerwiderung auf die Gründe des angefochtenen Einspruchsbescheids.

Das Gericht hat mit Beschluss vom 15. Dezember 2009 den als Wahlsieger der Oberbürgermeisterwahl ermittelten Kandidaten der CDU zum Verfahren beigeladen.

Der Beigeladene stellt keinen Antrag und trägt vor, die Staatsanwaltschaft habe in ihrer Einstellungsverfügung ausgeführt, dass der strafrechtliche Tatbestand des § 108b StGB im vorliegenden Fall nicht erfüllt sei. Die Verwaltungsgerichte seien nicht berufen, die Einstellungsentscheidung der Staatsanwaltschaft Bautzen nachzuprüfen. Der Straftatbestand könne nicht dadurch einen anderen Inhalt erlangen, dass er durch eine verwaltungsrechtliche Regelung in Bezug genommen werde. Darüber hinaus sei eine Wahl nach dem Sächsischen Kommunalwahlgesetz nur dann für ungültig zu erklären, wenn sie ein Bewerber oder ein Dritter in einer gegen ein Gesetz verstoßenden Weise beeinflusst habe. Dies sei - wie von der Staatsanwaltschaft in ihrer Einstellungsverfügung ausgeführt - nicht der Fall. Eine qualifizierte Wahlbeeinflussung habe der Kläger dem Beigeladenen nicht vorwerfen können. Das "Angebot des Tages" stelle keine gesetzwidrige oder in anderer Weise unzulässige Wahlbeeinflussung dar. Auch habe der Beigeladene nicht in seiner Eigenschaft als Oberbürgermeister der Stadt Bischofswerda amtliche Wahlwerbung betrieben. Die Wahlwerbung des Beigeladenen könne nicht als amtliche Äußerung missverstanden werden. Hinsichtlich der gerügten Begrenzung der Plakatierung bestehe für den Kläger kein Rechtsschutzbedürfnis. Er sei im Vorfeld der Wahlen bei dem gesamten Prozedere um die Plakatierung weder durch den Vorsitzenden des ihn aufstellenden Ortsvereins noch durch seinen jetzigen Bevollmächtigten vertreten gewesen und habe weder einen Antrag gestellt, plakatieren zu dürfen, noch Widerspruch gegen die Beschränkung der Wahlplakate eingelegt. Mit der Möglichkeit, 60 bzw. 80 Plakate anzubringen, seien der Kläger und die ihn aufstellende Partei überproportional bevorteilt worden.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Gerichtakte und die zum Verfahren beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet. Der Einspruchsbescheid des Beklagten ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO. Der Kläger hat Anspruch darauf, dass auf seinen Einspruch die Wahl des Oberbürgermeisters der Stadt Bischofswerda vom 8.6.2008 für ungültig erklärt wird. Der von ihm als einer der Bewerber um das Amt des Oberbürgermeisters gemäß §§ 38, 25 Abs. 1 Satz 1 KomWG zulässig erhobene Einspruch ist begründet, da das Ergebnis der Wahl zum Oberbürgermeister der Stadt Bischofswerda vom 8.6.2008 durch eine gegen ein Gesetz verstoßende Handlung des Beigeladenen als Mitbewerber beeinflusst werden konnte.

Nach §§ 38, 27 Abs. 1 Kommunalwahlgesetz (KomWG) ist eine Bürgermeisterwahl für ungültig zu erklären, wenn ihr Ergebnis dadurch beeinflusst werden konnte, dass wesentliche Vorschriften über die Wahlvorbereitung, die Wahlhandlung oder über die Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses unbeachtet geblieben sind (Nr. 1) oder Bewerber oder Dritte bei der Wahl eine gegen ein Gesetz, insbesondere die §§ 107, 107a, 107b, 107c, 108, 108a, 108b, 108d Satz 2 oder § 240 des Strafgesetzbuchs verstoßende Wahlbeeinflussung begangen haben (Nr. 2).

Die vom Kläger mit seinem Einspruch und der Klage gerügte Verteilung der Wahlplakatstandorte durch die Stadt Bischofswerda oder die Gestaltung der Wahlwerbung des Beigeladenen (Wahlplakate, Wahlflyer und Internet-Auftritt) erfüllen diese Voraussetzungen für eine Ungültigerklärung der Wahl gemäß §§ 38, 27 Abs. 1 KomWG nicht. Denn es hat weder die Stadt Bischofswerda mit der von ihr vorgenommenen Einschränkung der Standorte für Wahlplakate zur Kommunalwahl auf 60 Plakatstandorte gegen wesentliche Wahlvorschriften oder den Grundsatz der Chancengleichheit verstoßen, noch liegt in der vom Amtsinhaber vorgenommenen Gestaltung seiner Wahlwerbung ein Verstoß gegen das Neutralitätsgebot oder eine andere gesetzeswidrige und damit unzulässige Wählerbeeinflussung.

Wesentliche Wahlvorschriften i. S. v. § 27 Abs. 1 Nr. 1 KomWG sind diejenigen Bestimmungen, die die Wahrung der auch bei Kommunalwahlen beachtlichen, von Verfassungs wegen geltenden tragenden Grundsätze des Wahlrechts (Art. 28 Abs. 1, 38 Abs. 1 GG, Art. 4 SächsVerf, § 48 Abs. 1 SächsGemO, § 44 Abs. 1 SächsLKrO), nämlich die allgemeine, unmittelbare, gleiche, freie und geheime Wahl, sichern sollen (vgl. OVG Saarland, Urt. v. 4.4.2008, 3 A 8/07, zit. nach juris, Rz. 45 ff m. w. N.). Ihre Ausformung haben diese Grundsätze in den für die Bürgermeisterwahl geltenden Wahlvorschriften der §§ 38 bis 47 KomWG in Verbindung mit den weiteren von § 38 KomWG in Bezug genommenen Regelungen des Kommunalwahlrecht sowie den Vorschriften der Kommunalwahlordnung gefunden. Die durch die Stadt Bischofswerda vorgenommene Beschränkung der Sondernutzungsgenehmigungen auf 60 Standorte für jede Partei oder Wählervereinigung bei den stattfindenden Kommunalwahlen verstößt gegen keine der im Kommunalwahlrecht oder der Kommunalwahlordnung genannten Wahlvorschriften, da in ihnen keine Regelung zur Anzahl der für Wahlplakate zu erteilenden Sondernutzungserlaubnisse enthalten ist.

Auch der Grundsatz der Chancengleichheit der Wahlbewerber und der Parteien wurde durch die beschränkte Vergabe von Wahlplakatstandorten nicht verletzt. Denn der Grundsatz der Chancengleichheit verlangt nicht, dass die sich aus der verschiedenen Größe, Leistungsfähigkeit und politischen Zielsetzungen der Parteien ergebenden Unterschiede durch hoheitlichen Eingriff ausgeglichen werden. Er fordert lediglich, dass die Rechtsordnung jeder Partei und jedem Wahlbewerber grundsätzlich die gleichen Möglichkeiten im Wahlkampf und Wahlverfahren und damit die gleiche Chance im Wettbewerb um die Wählerstimmen gewährleistet (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.2.1967, 2 BvC 1/66, zit. nach juris, Rn. 14). Dies bedeutet, dass die Stadt Bischofswerda – entgegen der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung konkretisierten Auffassung – nicht gehalten war, den um das Amt des Oberbürgermeisters konkurrierenden und den Amtsinhaber angreifenden Wahlbewerbern zur Überwindung des Amtsbonus des Amtsinhabers mehr Wahlplakatstandorte einzuräumen und hierfür Sondernutzungserlaubnisse zu erteilen als dem Amtsinhaber und der ihn aufstellenden Partei. Eine solche Praxis würde voraussetzen, dass für die Verteilung der Wahlplakatstandorte zur Überwindung der unterschiedlich bestehenden Wahlchancen eine Gewichtung und dann eine entsprechende Differenzierung stattfinden müsste. Gerade hierin wäre aber ein Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit zu sehen. Denn in der nach Siegchancen ausgerichteten Verteilung der Möglichkeiten im Wahlkampf Wahlwerbung zu machen, läge ein Verstoß gegen die grundsätzliche Pflicht zur Gleichbehandlung der Parteien (hier der Wahlbewerber) und dem sich aus § 5 PartG ergebenden Grundsatz der abgestuften Chancengleichheit, nach dem zwar auch für die kleinste Partei eine wirksame Wahlwerbung nicht ausgeschlossen sein darf, durch den aber ebenso eine formale Gleichbehandlung, mit der der Anschein des gleichen Gewichts der verschiedenen Partei erweckt und der Wähler über die wahre Bedeutung der einzelnen Parteien getäuscht würde, verwehrt wird (vgl. BVerwG, Urt. V. 13.12.1974, VII C 42.72, zit. nach juris, Rz. 16, 18). Demgegenüber hat die Stadt Bischofswerda allen Bewerbern und Parteien die gleiche Anzahl von Standorten zugebilligt und damit unabhängig von weiteren Faktoren, wie die Größe der sie aufstellenden Partei oder Anzahl der Wählerstimmen bei der letzten Wahl, über die Vergabe der Standorte entschieden. Ob die den Parteien und Kandidaten für ihre Wahlwerbung zugewiesene Anzahl von 60 Plakatstandorten angemessen war, braucht hier nicht entschieden zu werden. Diese Frage könnte sich in Verfahren stellen, in denen es etwa darum geht, ob ein Anspruch auf Erteilung von (weiteren) Sondernutzungserlaubnissen für Wahlwerbung (vgl. VG Gießen, Beschl. v. 27.2.2001, 8 G 335/01) oder ein Verstoß gegen die Neutralitätspflicht bei Wahlen durch die Sondernutzungserlaubnisse erteilende Behörde im Raum steht (vgl. VG Dresden, Urt. v. 29.4.2009, 4 K 1333/08). Sind von der - unterstellten - unangemessenen Zuweisung der Standorte jedoch alle gleichermaßen betroffen, liegt weder ein Verstoß gegen den Wahlgrundsatz der Chancengleichheit noch gegen ein anderes Gesetz vor.

Der Beigeladene hat mit der Gestaltung seiner Wahlwerbemittel nicht gegen seine Neutralitätspflicht verstoßen. Denn der Beigeladene hat, anders als es der Kläger sieht, nicht das Stadtwappen der Stadt Bischofswerda auf seinen Wahlwerbemitteln benutzt, so dass seine Wahlwerbung hierdurch auch keinen amtlichen Charakter annehmen konnte. Das Aussehen des Stadtwappens ist durch § 2 Abs. 2 der Hauptsatzung der Stadt Bischofswerda festgelegt. Das Stadtwappen zeigt zwei gekreuzte goldgelbe Bischofsstäbe, dazwischen in jedem Viertel einen sechszackigen Stern (goldgelb). Der Untergrund des Wappens ist blau. Der Beigeladene hat für seine Wahlwerbung dagegen ein Teil des Logos der Stadt Bischofswerda verwendet. Die Festlegung des Logos erfolgte durch Stadtratsbeschluss vom 30.5.2006 als offizielles Logo für die Große Kreisstadt Bischofswerda mit der Empfehlung, an alle Unternehmen, Vereine und Bürger, die die Stadt nach außen repräsentieren, das Logo zu verwenden. Auf den das Logo abbildenden Seiten im Internet wird darauf hingewiesen, dass die Verwendung für alle mit Bischofswerda verbundenen Menschen, Unternehmen und Institutionen offen und wünschenswert ist. Ebenfalls wird darauf hingewiesen, dass die Verwendung der Farbe goldgelb innerhalb des Wappens kennzeichnend für die Stadtverwaltung ist und ausschließlich von dieser verwendet werden darf. Der zeichnerische Teil des für alle offenstehenden Logos unterscheidet sich zum Einen in der farblichen Gestaltung vom Stadtwappen, in dem die gekreuzten Bischofsstäbe und die vier Sterne anders als beim Logo goldgelb erscheinen, zum Zweiten aber auch in seiner Form. So enthält das Wappen nicht das den Hintergrund des Logos bildende Quadrat und ist in seiner Form anders als das Logo, nach unten nicht spitz, sondern rund auslaufend. Zwar hat der Beigeladene nur einen Teil des Logos verwendet, indem er den Zusatz "Bischofswerda - Tor zur Oberlausitz" auf seine Wahlwerbemitteln nicht mit abdruckte. Dennoch verlieh die Nutzung des Teillogos den Wahlwerbemitteln des Beigeladenen nicht den Anschein, dass es sich bei ihnen um Verlautbarungen mit amtlichem Charakter handeln könnte. Die Verwendungsfreigabe des Logos wie sie in der Stadt Bischofswerda erfolgt ist, und die Gestaltung im Unterschied zum Stadtwappen, lassen eine Täuschung in der Zuordnung, wie sie für einen Verstoß gegen die Neutralitätspflicht vorliegen müsste, nicht wahrscheinlich erscheinen.

Die farbliche Gestaltung der Wahlwerbemittel des Beigeladenen ist ebenfalls nicht zu beanstanden und stellt keinen Verstoß gegen seine Neutralitätspflicht dar. Zwar wählte er für seine Wahlwerbemittel überwiegend die Farben hellblau und dunkelblau, die auch die Stadt Bischofswerda in ihrer Außendarstellung benutzt. Allein aus einer bestimmten Farbwahl kann jedoch nicht geschlossen werden, dass es sich um eine amtliche Verlautbarung handelt. Da die Oberbürgermeisterwahl eine Personenwahl ist, war es - anders als der Kläger meint - auch nicht erforderlich, auf die Parteizugehörigkeit des Beigeladenen hinzuweisen. Im Übrigen enthielten sowohl die Wahlflyer als auch seine Wahlplakate den, wenn auch möglicherweise im Verhältnis zum übrigen Text klein gehaltenen, Hinweis auf seine Parteizugehörigkeit.

Der Beigeladene war als kommunaler Wahlbeamter auch außerhalb seines Dienstes gemäß § 158 Nr. 1, § 160 Abs. 1 Satz 1, § 138 Abs. 1, § 106 Abs. 1 Satz 1 SächsBG berechtigt, die Amtsbezeichnung "Oberbürgermeister" zu führen. Die Verwendung der Amtsbezeichnung auf seinem Wahlplakat und auf seinen anderen Wahlwerbemitteln war ihm daher nicht untersagt (vgl. SächsOVG, Urt. v. 13.2.2007, 4 B 46/06, zit. nach juris, Rz. 39). Deswegen ist auch hierin daher kein Verstoß gegen seine Neutralitätspflicht zu sehen. Ebenso wie andere Wahlbewerber musste der Beigeladene seine berufliche Tätigkeit nicht verleugnen. Im Übrigen konnte er als amtierender Oberbürgermeister ohnehin nicht verhindern, von den Wahlberechtigten auch in dieser Funktion wahrgenommen zu werden.

Schließlich führt der Umstand, dass der Beigeladenen auf seinen Wahlwerbemitteln auf seine "Wiederwahl" abhebt und sich auf seinen Wahlflyern ein Abdruck befindet, der als "Amtlicher Stimmzettel" überschrieben ist und neben der Bezeichnung der Wahl und der üblichen Hinweise lediglich die ihn aufstellende Partei, seinen Namen und das angekreuzte Stimmfeld daneben trägt, nicht dazu, hierin Verlautbarungen mit amtlichen Charakter zu sehen. Gerade vom Amtsinhaber ist in dem Fall, in dem er sich erneut zur Wahl stellt, allgemein bekannt, dass es sich bei seiner Bemühung um eine "Wiederwahl" handelt. Der Abdruck eines Teils des "Amtlichen Stimmzettels" ist als eine Information der Wähler zu sehen, wie der Wahlvorgang - hier zu Gunsten des Beigeladenen - zu handhaben ist.

Letztlich ergibt sich auch aus dem Zusammenwirken der einzelnen, vom Beigeladenen verwendeten Gestaltungskomponenten auf seinen Wahlwerbemitteln nicht der Anschein einer amtlichen Verlautbarung. Bei den Wahlplakaten erscheint eine solche Verwechslung schon deswegen nicht als wahrscheinlich, weil die Plakate keinerlei Ankündigungen oder Wahlziele enthielten, sondern lediglich das Konterfei des Beigeladenen. In Wahlkampfzeiten wird ein solches Plakat eindeutig als Wahlkampfmittel eingeordnet. Auch die Gestaltung der Wahlflyer barg keine Verwechslungsgefahr. Sie zeigten angesichts des Aufdrucks "Ich unterstütze ... deshalb spende ich ..." eindeutig, dass sie ein Wahlkampfmittel sind, auf privater Grundlage erfolgten und keinen Zusammenhang mit der Tätigkeit des Beigeladenen als amtierender Oberbürgermeister der Stadt Bischofswerda aufweisen. Soweit die Wahlflyer vom Beigeladenen im Internet eingestellt waren, erfolgte dies auf seiner privaten Webseite www.erlerfürbischerofwerda.de , so dass eine Verknüpfung zur Stadt und damit eine Verwechslung als städtische Seite nicht in Betracht kam.

Der Beigeladene hat jedoch mit seiner Wahlaussage zum „Angebot des Tages“ in seinen verteilten und ins Internet eingestellten Wahlflyern gegen den Grundsatz der Freiheit der Wahl verstoßen und damit eine gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 2 KomWG verstoßende Wählerbeeinflussung vorgenommen.

Wahlbeeinflussungen sind Handlungen, die darauf gerichtet sind, auf den Willen der Wähler unmittelbar mit dem Ziel einzuwirken, die Wahlentscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten bestimmter Bewerber zu treffen. § 27 Abs. 1 Nr. 2 KomWG nimmt für die Bestimmung einer gesetzwidrigen Wählerbeeinflussung zwar auf einzelne Straftatbestände Bezug. Hieraus folgt aber keine ausschließliche Beachtlichkeit strafbewehrter Wahlfehler. Die Vorschrift enthält keine abschließende Auflistung gesetzwidriger Wahlbeeinflussungen. Gesetzwidrig ist die Wahlbeeinflussung jedenfalls, wenn sie gegen Verfassungsrecht, einfaches Gesetz, Rechtsverordnungen verstößt (vgl. SächsOVG, Urt. v. 13.2.2007, 4 B 46/06, zit. nach juris Rn 36). Die Einflussnahme auf Wähler wird gesetzwidrig, wenn sie geeignet ist, die Entscheidungsfreiheit des Wählers so zu beeinflussen, dass er gehindert wird, seine Auswahl unter den Bewerbern nach den seinen persönlichen Wertungen entsprechenden und von ihm normalerweise angelegten Maßstäben zu treffen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.4.1967, IV 523/66, DÖV 1968, 294).

Der Grundsatz der Freiheit der Wahl ist in Artikel 28 Abs. 1 Satz 3 GG auch für Kommunalwahlen verbindlich nominiert (vgl. BVerwG, Urt. v. 8.4.2003, 8 C 14/02, zit. nach juris, Rn 23). Der Sächsische Verfassungsgerichtshof sieht das Grundrecht der freien Wahl eines Bürgermeisters in Art. 15 SächsVerf. i. V. m. dem Demokratieprinzip (Art. 1 Satz 2 und Art. 3 Abs. 1 SächsVerf.) und damit in der allgemeinen Handlungsfreiheit verankert. Die Freiheit der Wahl setzt auch voraus, dass sich der Wähler über Ziele und Verhalten der Wahlbewerber frei von Manipulationen informieren kann. Der Grundsatz schützt deshalb den Wähler vor Beeinflussungen, die geeignet sind, seine Entscheidungsfreiheit trotz des bestehenden Wahlgeheimnisses ernstlich zu beeinträchtigen (BVerwG, Urt. v. 8.4.2003, 8 C 14/02, zit. nach juris Rn 22 mit Hinweis auf BVerfG, Urt. v. 28.2.2001, BVerfGE 103, 111, 132). Die Freiheit der Wahl fordert die Gewährleistung eines freien, offenen und unverfälschten Prozesses der politischen Meinungsfindung, in dem die Wähler auf verlässlichen Grundlagen ihr Urteil bilden und fällen können (vgl. SächsVerfGH, Beschluss v. 24.1.1997, Vf. 15-IV-96, SächsVBl. 1997, 113, 115).

Die gegen den Grundsatz der freien Wahl und damit gegen Verfassungsrecht verstoßende Wahlbeeinflussung des Beigeladenen liegt in dem auf den verteilten und ins Internet gestellten Wahlflyern enthaltenen Versprechen, bei seiner Wiederwahl die Vereine der Stadt mit "1,- EUR" pro erhaltener Stimme zu unterstützen. Hiermit hat der Beigeladene ein "Wahlversprechen" abgegeben, dass in keinem sachlichen Zusammenhang mit den Aufgaben eines zukünftigen Oberbürgermeisters steht. Anders als Wahlversprechen, die auf die beabsichtigte zukünftige Amtsführung abzielen, versprach der Beigeladene mit seinem „Angebot des Tages“ den Wählern einen Vorteil für ihre Stadt, den er nur als Privatperson und nicht in seiner Eigenschaft als Amtsinhaber gewähren konnte und vermischte hier in unzulässiger Weise sein privates Engagement mit den für eine Wahlentscheidung ausschlaggebenden Kriterien. Auch wenn bei der Willensbildung sogenannte "weiche Faktoren" wie z. B. das Charisma des Bewerbers immer ebenfalls eine Rolle spielen, ist Ausgangspunkt für die politische Meinungsbildung das Amt, das der Bewerber erringen möchte, und die mit ihm verbundene Art und Weise der Amtsführung. Es ist jedem Wahlbewerber unbenommen, sich die aus seiner Sicht für ihn sprechenden "weichen Faktoren" in seinem Wahlkampf zu nutze zu machen. Ein solches Nutzbarmachen könnte z. B. darin liegen, dass ein Wahlbewerber seine ihm zugeschriebene und bekannte Spendierfreudigkeit nicht in Abrede stellen muss. Stellt ein Wahlbewerber aber - wie hier der Beigeladene auf seinen Wahlflyern - in seinem Wahlkampf sachfremde, nicht dem Amt innewohnende Erwägungen und Versprechungen finanzieller Art neben seine Wahlaussage oder - wie hier auf den zuletzt veröffentlichten Wahlflyern des Beigeladenen geschehen - anstelle einer Wahlaussage in den Vordergrund, zielt er darauf ab, die Wähler ihre Wahlentscheidung auf der Grundlage von ökonomischen Gesichtspunkten im Sinne von "Wer bringt der Stadt unabhängig von seiner persönlichen Amtsführung die meisten finanziellen Vorteile" treffen zu lassen.

Der Beigeladene wollte mit seinem "Angebot des Tages" die Wähler dazu bringen, zum Ausgangspunkt ihrer politischen Willensbildung nicht nur die von den Wahlbewerbern vertretenen politischen Zielsetzungen zu machen, sondern einen völlig anderen Aspekt, der in keinem Zusammenhang mit der politischen Aussage steht, in ihre Wahlentscheidung einfließen zu lassen. Um sein Ziel, den Wahlsieg, zu erreichen, machte er sich die, gerade in einer Zeit der "knappen Kassen", bei einer großen Anzahl von Wählern nicht nur für ihren persönlichen sondern auch für den öffentlichen Bereich bestehende Besorgnis der Finanzierbarkeit der zukünftigen Ausgaben zunutze. Insofern stellte er eine Abhängigkeit zwischen Stimmabgabe und Spende her, mit der er die Wähler dazu verführen wollte, dem finanziellen Versprechen bei ihrer Stimmabgabe Gewicht zu verleihen. Hierin liegt ein steuerndes, manipulatives Einwirken auf Wähler. Eine auf dieser Grundlage getroffene Wahlentscheidung ist keine durch sachfremde Erwägungen unbeeinflusst politische Willensbildung mehr und stellt eine Wahlbeeinflussung dar.

Es bestehen im vorliegenden Fall auch deswegen keine Zweifel an der gegen die Freiheit der Wahl verstoßenden und damit gesetzwidrigen Wahlbeeinflussung, weil die Wählerstimmen als käuflich behandelt worden sind. Das Versprechen des Beigeladenen war geeignet, vom Wähler als Gegenleistung für dessen Wahlerfolg, den jeder einzelne Wähler mit seiner Stimmabgabe mit in der Hand hatte, aufgefasst zu werden. Insbesondere auf Wähler, die Mitglied in einem ortsansässigen Verein sind, konnte das Spendenversprechen als Aussicht auf eine finanzielle Zuwendung auch für ihren Verein, so einwirken, dass sie bei aus ihrer Sicht gleichwertigen Bewerbern ihre Stimme dem gaben, der zusätzlich die Vereinskasse aufbessern würde. Zwar war unklar, welcher der zahlreichen Vereine der Stadt in welcher Höhe mit einer Spende bedacht werden würde. Dies trug aber auch dazu bei, dass das finanzielle Wahlversprechen nicht nur auf einen kleinen, überschaubaren, einem bestimmten Verein sich zugehörig fühlenden Personenkreis einwirken konnte, sondern angesichts der Vielzahl der in der Stadt vorhandenen Vereine eine unbestimmte Anzahl von Personen ansprach. Das Spendenversprechen war nicht nur geeignet, das Sammeln von Stimmen für den Beigeladenen innerhalb der Vereine im Rahmen der "Vereinsdisziplin" und der "Vereinssolidarität" zu erwarten. Er war darüber hinaus geeignet auf einen Wettstreit unter den Vereinen hinzuwirken, da es nicht ausgeschlossen erscheint, dass Vereine und Vereinsmitglieder mit der von ihnen - vorgeblich - schon gesammelten Stimmenanzahl den Anspruch auf einen gewissen Anteil am "Spendenkuchen" erheben oder versuchen würden, auf noch unentschiedene Wähler einzuwirken. Hierin liegt eine ernstliche Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit der Wähler.

Entgegen der Ansicht des Beigeladenen spielt es auch keine Rolle, ob der versprochene Spendenbetrag von 1,- EUR pro abgegebener Stimme als ein verhältnismäßig geringer Betrag anzusehen ist. Denn auf die Höhe des versprochenen Betrags kommt es nicht an. Für die Feststellung einer Wahlbeeinflussung ist es erforderlich aber auch ausreichend, dass der versprochene Betrag - wie hier - geeignet erscheint, auf die freie Willensbildung einer unbekannten Anzahl von Wählern einzuwirken.

Nicht erforderlich ist, dass der in dem Spendenversprechen zu sehende Vorteil für die mit Vereinen sich verbunden fühlenden Wähler eine gegen § 108b StGB verstoßende Wahlbeeinflussung ist, da - wie oben ausgeführt - die Straftatbestände, die als Wahlfehler von § 27 Abs. 1 Nr. 2 KomWG aufgezählt werden, keine abschließende Auflistung gesetzwidriger Wahlbeeinflussungen darstellen. Im Hinblick auf § 108b StGB hat die Staatsanwaltschaft in Bautzen das Verfahren gegen den Beigeladenen eingestellt, da die von § 108b StGB vorausgesetzte "Unrechtsvereinbarung" nicht vorgelegen hat. Unabhängig davon, dass das Verwaltungsgericht eine von der Staatsanwaltschaft abweichende Einschätzung der Strafbarkeit treffen könnte, setzt der Straftatbestand nach der Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 21.10.1985, 1 StR 316/85) in der Tat voraus, dass zwischen Täter und Begünstigtem eine bestimmte personale Beziehung hergestellt wird oder bestehen muss.

Selbst der Beigeladene räumte in der mündlichen Verhandlung ein, dass, sollte das Gericht in seiner Wahlwerbung eine gesetzwidrige Wahlbeeinflussung sehen, das Ergebnis der Wahl hierdurch beeinflusst werden konnte. Dies zeigt der knappe Stimmenvorsprung zur im ersten Wahlgang erforderlichen absoluten Mehrheit für eine Wiederwahl von lediglich 28 Stimmen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.